Typischer Nesteingang Sandbiene mit Tumulus (Auswurfhalde) · Fotos typischer Niststandorte |
Von den über 500 Wildbienenarten in Deutschland sind 380, wie gesagt, nestbauende Arten, und 278 (also 73%) davon nisten im Boden. Die typischen Vertreter dieser Bienen sind im engeren Sinne die "Erd-" bzw. "Sandbienen" (englisch: "mining bees") der großen Gattung Andrena. Diese zählt allein in Deutschland weit über 100 Arten und auf der Nordhalbkugel insgesamt über 1.000 Arten. Andrena-Bienen (etwa A. apicata, A. flavipes, A. florea, A. labialis, A. nigroaenea, A. tibialis) erinnern in ihrer Größe und äußeren Erscheinung häufig an die Honigbiene (Apis mellifera), ihre Körpergrößen reichen aber von kleinen 45 mm bis zu "riesigen" 1516 mm. Wenn man sie nicht gerade für Honigbienen hält, sind einige Arten häufig in unseren Gärten und Parks zu beobachten, etwa Andrena bicolor, A. flavipes, A. fulva, A. gravida, A. haemorrhoa, A. nigroaenea.
Die Liste der Andrena-Arten unten könnte trotz ihrer beeindruckenden Länge noch unvollständig sein und wird ergänzt durch zahlreiche in der Literatur zu findende Synonyma.
Sandbienen (Andrena) kommen in allen für Bienen typischen Größen vor, die Größe ist also kein Erkennungsmerkmal. Auch die meist schwarze Grundfarbe, die Behaarung und die Haarbinden auf dem Hinterleib sind ebenso in anderen Bienengattungen zu finden. Wie bei fast allen Bienen haben die Fühler der Weibchen 12, die der Männchen aber 13 Glieder. Wichtige Kriterien für die Bestimmung der Gattung sind:
Andrena spec., an Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) · Wuppertal-Cronenberg, 27.4.2008 | Foveae facialis der Sandbiene Andrena lathyri · Rheindamm in Düsseldorf, 01.05.2009 |
Für die oft schwierige Artbestimmung ist bei den Weibchen insbesondere auf die Farbe und Form des Haarkleides, die Farbe der Scopa (Schienenbürste bzw. Körbchenhaare) und die Form eines herzförmigen Feldes am Propodeum (an der hinteren Thorax-Wand) zu achten.
Bei den Männchen ist die Artbestimmung noch schwieriger, zwei allen gemeinsame Merkmale, nämlich ihre schlanke Form und helle Clypeus-Behaarung, lassen oft nur ihr Geschlecht selbst auf den ersten Blick erkennen. Einige Arten zeigen allerdings auf dem dunklen Clypeus eine helle Zeichnung, z. B. Andrena chrysosceles, A. coitana, A. hattorfiana, A. labialis, A. marginata. Interessant ist weiterhin die Kopfgröße und -form: Manche Andrena-Männchen weisen z. B. enorme Mandibeln auf, wie sie auch von den Weibchen der Scherenbienen (Chelostoma) bekannt sind; unter einer Lupe offenbaren sich auch die unterschiedlichen Längen der Fühlerglieder und unter dem Binokular schließlich die wichtigsten distinktiven Merkmale: die Formen der Genitalien, die für eine mikroskopische Untersuchung erst aufwendig aus dem toten Tier herauspräpariert werden müssen.
Andrena flavipes in einer Nestkolonie |
Die artenreichste Gattung der vielen im Boden nistenden (endogäischen) Bienenarten ist im deutschsprachigen Raum die der Erd- bzw. Sandbienen. Weltweit sind nur die Schmalbienen-Arten (Halictus & Lasioglossum) noch zahlreicher. Meist bringt der Laie jedoch Bienen nicht mit erdbewohnenden Insekten in Verbindung: Löcher im Boden werden am ehesten Ameisen oder Käfern zugeordnet, und kleine Sandbienen können von weitem durchaus Ameisen-Jungköniginnen auf dem Hochzeitsflug ähneln. Schwer zu verstehen ist auch die Tatsache, daß viele Arten gerade dort im Boden ihre Nester anlegen, wo sie uns im Siedlungsbereich sehr durch den Menschen gefährdet erscheinen: an und sogar auf staubigen und häufig begangenen Wegen, an vegetationsarmen Böschungen oder auf nur locker bewachsenen Rasenflächen.
Der Grund für diesen "Wagemut" ist einerseits der, daß zu dichte Vegetation oder starke Vernässung ein Ausschlußkriterium für die Brutpflege ist; andererseits sind die genannten und von Sandbienen-Weibchen gesuchten Niststandort-Typen oft erst durch den Menschen entstanden und stellen heute begehrten Ersatz für solche natürliche Nist-Habitate dar, die durch Brand, Erdrutsche und Überschwemmungen immer wieder entstanden und auch immer wieder der natürlichen Sukzession der Pflanzengesellschaften anheimfielen und -fallen und in unserer heutigen, auf die Bedürfnisse des Menschen ausgerichteten Landschaft selten geworden sind.
Wenn allerdings auch menschengemachte Niststandorte dem menschlichen Schönheits- und Ordnungssinn geopfert, wenn Wege verschottert oder zugeteert und Flächen überbaut oder "melioriert" werden, dann haben viele Erdbienen-Arten keine Zukunft in unserer zivilisatorisch geprägten Umwelt.
Andrena-Arten sind typische Einzelgänger: Ein Weibchen gräbt einzeln eine Niströhre mit unterschiedlich vielen Nistkammern, trägt Pollen ein, legt ein Ei dazu und verschließt die Nistkammer und schließlich den Nistgang an der Erdoberfläche. Von Andrena bucephala, Andrena carantonica, Andrena ferox und Andrena agilissima ist jedoch eine kommunale Lebensweise bekannt: Mehrere Weibchen (häufig Schwestern) bewohnen gemeinsam ein Nest, das oft von einem Weibchen begonnen wird, bevor sich weitere anschließen. In harten Böden sparen sich die Nachzügler so das aufwendige Graben. Ein weiterer Vorteil der kommunalen Lebensweise liegt vielleicht im besseren Schutz gegen Brutparasiten: Wenn diese es schaffen, durch Graben oder einen unverschlossenen Eingang in ein Nest einzudringen, könnte sie ein im Nest verbleibendes Weibchen aufhalten.
Da Sandbienen in der Regel solitär leben und nisten und die meisten Arten nur eine Generation pro Jahr hervorbringen, ist eine Andrena-Art nur wenige Wochen im Jahr zu beobachten. Die meisten Arten fliegen im Frühjahr.
Auch Sandbienen sind "gute Wirte", deren Nester von Kuckucksbienen (also Brutparasiten) parasitiert werden, und zwar fast ausschließlich von "Wespenbienen" (Gattung Nomada), die in ihrem äußeren Erscheinungsbild den Faltenwespen ähneln. Wespenbienen riechen Sandbienen-Nester und warten in der Nähe, bis sich eine gute Gelegenheit ergibt, einzudringen und ein Ei abzulegen.
Die folgende Tabelle sortiert die Andrena-Arten nach Untergattungen. Um nach einer Gattung auch eine Untergattung zu nennen, wird diese mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben und eingeklammert; Beispiel: Andrena (Agandrena) agilissima. Wenn der Name der Untergattung den Gattungsnamen wiederholt, ist er sensu stricto (s. str. = 'im engeren Sinne') zu verstehen; Beispiel: Andrena (Andrena) apicata.
Die Gattung Andrena
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Andrena Fabricius 1775 nach Schwarz et al. (1996), Müller (1997), Westrich & Dathe (1997 & 1998) etc. | ||
A. aberrans* Eversmann 1852 A. aciculata Morawitz 1886 A. aeneiventris Morawitz 1872 A. agilissima Perkins 1914 A. albofasciata Thomson 1870 + A. albopunctata (Rossi 1792) A. alfkenella Perkins 1914 A. allosa Warncke 1975 A. angustior Kirby 1802 A. anthrisci Blüthgen 1925 ? A. apicata* Smith 1847 A. argentata* Smith 1844 A. atrata Friese 1887 A. assimilis** Radoszkowski 1876 A. barbareae Panzer 1805 A. barbilabris* (Kirby 1802) A. bicolor* Fabricius 1775 A. bimaculata (Kirby 1802) A. bisulcata Morawitz 1877 A. bluethgeni Stoeckhert 1930 ? A. braunsiana Friese 1887 A. bremensis ? A. bucephala Stephens 1846 A. carantonica Pérez 1902 A. chrysopus Pérez 1903 A. chrysopyga Schenck 1853 A. chrysosceles (Kirby 1802) A. cineraria (Linnaeus 1758) A. clarkella (Kirby 1802) A. coitana (Kirby 1802) A. combaella Warncke 1966 A. combinata (Christ 1791) A. congruens* Schmiedeknecht 1883 A. cordialis Morawitz 1877 A. curtula* Pérez 1903 A. curvana Warncke 1965 A. curvungula Thomson 1870 A. decipiens Schenck 1861 A. denticulata (Kirby 1802) A. deserticola ? A. distinguenda* Schenck 1871 A. dorsalis Brullé 1832 A. dorsata* (Kirby 1802) A. enslinella* Stoeckhert 1924 A. enslini ? A. eximia*** Smith 1847 A. falsifica Perkins 1915 A. ferox Smith 1847 A. figurata Morawitz 1866 A. flavilabris Schenck 1874 + A. flavipes Panzer 1799 A. florea Fabricius 1793 A. floricola Eversmann 1852 A. florivaga* Eversmann 1852 A. freygessneri ? A. fucata Smith 1847 A. fulva* (Müller 1766) A. fulvago (Christ 1791) A. fulvata Stoeckhert 1930 A. fulvida Schenck 1853 |
A. fumipennis ? A. fuscipes (Kirby 1802) A. fuscosa Erichson 1835 A. gelriae van der Vecht 1927 A. granulosa Pérez 1903 A. gravida Imhoff 1832 A. haemorrhoa* (Fabricius 1781) A. hattorfiana (Fabricius 1775) A. hedikae Jaeger 1934 A. helvola (Linnaeus 1758) A. hesperia Smith 1853 A. holosericea ? A. humilis Imhoff 1832 A. hungarica Friese 1887 A. hypopolia Schmiedeknecht 1883 A. hystrix Schmiedeknecht 1883 A. impunctata Pérez 1895 A. incisa Eversmann 1852 A. intermedia Thomson 1870 A. labialis (Kirby 1802) A. labiata* Fabricius 1781 A. lagopus* (Latreille 1809) A. lapponica Zetterstedt 1838 A. lathyri Alfken 1899 A. lepida* Schenck 1861 A. limata* Smith 1853 A. limbata Eversmann 1852 A. livens Pérez 1895 A. lugubris ? A. marginata Fabricius 1776 A. minutula (Kirby 1802) A. minutuloides Perkins 1914 A. mitis Schmiedeknecht 1883 A. mocsaryi Schmiedeknecht 1883 A. mojavensis ? A. montana Warncke 1973 A. morawitzi Thomson 1872 ? A. morio Brullé 1832 A. mucida Kriechbaumer 1873 A. nana (Kirby 1802) A. nanaeformis Noskiewicz 1925 A. nanula Nylander 1848 A. nasuta Giraud 1863 A. nigriceps* (Kirby 1802) A. nigroaenea (Kirby 1802) A. nigroolivacea Dours 1873 A. nigrospina Thomson 1870 ? A. nitida* (Müller 1776) A. nitidiuscula* Schenck 1853 A. niveata Friese 1887 A. nobilis Morawitz 1874 A. numida ? A. nuptialis Pérez 1903 A. nycthemera Imhoff 1868 A. oenotherae ? A. oralis Morawitz 1876 A. orenbugensis Schmiedeknecht 1883 A. ovatula** (Kirby 1802) A. pallitarsis Pérez 1903 A. pandellei Pérez 1895 |
A. parviceps Kriechbaumer 1873 A. paucisquama Noskiewicz 1924 A. pilipes** Fabricius 1781 A. polita* Smith 1847 A. pontica Warncke 1972 A. potentillae Panzer 1809 A. praecox (Scopoli 1763) A. probata Warncke 1973 A. producta Warncke 1973 A. proxima* (Kirby 1802) A. pusilla Pérez 1903 A. ranunculorum Morawitz 1878 A. rhenana Stoeckhert 1930 A. rogenhoferi Morawitz 1872 A. rosae Panzer 1801 A. roseipes Alfken 1933 A. ruficrus Nylander 1848 A. rufizona Imhoff 1834 A. rufula Schmiedeknecht 1883 A. rugulosa Stoeckhert 1935 A. saxonica Stoeckhert 1935 A. schencki* Morawitz A. schlettereri Friese 1896 A. scita Eversmann 1852 A. scotica*** Perkins 1916 A. semilaevis* Pérez 1903 A. seminuda Friese 1896 A. sericata Imhoff 1868 A. similis* Smith 1849 A. simillima Smith 1851 A. simontornyella Noskiewicz 1939 A. spreta ? A. stragulata*** Illiger 1806 A. strohmella Stoeckhert 1928 A. subnuda ? A. subopaca Nylander 1848 A. suerinensis Friese 1884 A. susterai Alfken 1914 A. symphyti Schmiedeknecht 1883 A. synadelpha Perkins 1914 A. taraxaci Giraud 1861 A. tarsata Nylander 1848 A. thoracica (Fabricius 1775) A. tibialis (Kirby 1802) A. transitoria Morawitz 1871 A. tridentata (Kirby 1802) A. trimmerana (Kirby 1802) A. truncatilabris Morawitz 1877 A. tscheki Morawitz 1872 A. vaga Panzer 1799 A. variabilis Smith 1853 A. varians (Kirby 1802) A. ventralis Imhoff 1832 A. ventricosa Dours 1873 A. viridescens* Viereck 1916 A. vulpecula Kriechbaumer 1873 A. wilkella (Kirby 1802) 176 Arten? Pro Spalte bis 60 Arten |
*Synonyma nach Müller et al. (1997), Westrich (1990 + 2019) sowie Westrich & Dathe (1997 & 1998): | ||
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