N. leucophthalma, der Kuckuck von A. clarkella |
Die "Wespenbienen" wurden aufgrund ihrer äußeren Ähnlichkeit mit den Wespen so genannt: Sie sind nur wenig behaart, haben eine Wespentaille und (bei den meisten Arten) eine schwarz-gelbe, schwarz-rote oder schwarz-gelb-rote Bänderung. Der wissenschaftliche Gattungsname Nomada meint ebenso wie der englische Begriff Nomad Bees 'Nomaden' – vermutlich eine Anspielung auf das scheinbar unstete Umherfliegen in den Aggregationen der Wirtsarten. Während Wespenbienen sich vom Spezialisten gut von anderen Gattungen unterscheiden lassen, bereitet die Unterscheidung der Nomada-Arten untereinander Probleme. Die Weibchen sind immerhin leicht an einer geschlossenen Haarfranse am Ende des fünften Rückensegments zu erkennen.
Die Gattung ist als Kosmopolit nur in Australien schwach vertreten, aber sonst häufig. In Deutschland sind rund 60 Arten bekannt.
Alle Nomada-Arten sind sog. Kuckucksbienen, also "Parasiten" bzw. "Schmarotzer", die nur für den Eigenbedarf Blütennektar sammeln und ihre Eier in die gemachten Nester anderer Bienenarten legen; die Larve frißt das Wirtsei oder tötet die Wirtslarve was dem Verhalten eines Kuckuckskükens entspricht und ernährt sich dann bis zur Verpuppung von dem Proviant, der für ihr Opfer bestimmt war. Die "Wirte" sind überwiegend Sandbienen (Andrena spec.), aber auch Zottelbienen (Panurgus spec.), Furchenbienen (Lasioglossum spec.), Sägehornbienen (Melitta spec.) und Langhornbienen (Eucera spec.).
Wespenbienen parasitieren in der Regel nur eine einzige Wirtsart, ihre Abhängigkeit von dieser ist also total: Stirbt z. B. eine Sandbienenart lokal aus, erleidet ihr "Kuckuck" sofort dasselbe Schicksal. So etwas wird nicht nur durch den Menschen verursacht, es kommt auch natürlicherweise vor: In großen Sandbienen-"Kolonien" haben Kuckucksbienen leichtes Spiel, so daß der Bestand der Wirtsart oft nach und nach zusammenbricht und nach ihm die Wespenbienen-Population. Wenn die Habitate intakt bleiben und Ausweichhabitate vorhanden sind, erholt sich aber der Sandbienenbestand bald wieder und mit bzw. nach ihm auch die Kuckuckspopulation.
Die Wespenbiene N. lathburiana | Nomada lathburiana über einer Niströhre von Andrena cineraria |
Die Weibchen können offenbar durch ihren Geruchssinn feststellen, wo genau sich die Nester befinden und ob der "Wirt" gerade zu Hause ist oder nicht, und sie "wissen" auch, ob jener schon Proviant eingetragen hat. Oft sitzen sie lange unbeweglich auf einem "Ausguck" in unmittelbarer Nähe zum Nest und bahnen sich den Weg meist dann zur Brutzelle, wenn das Wirtsweibchen gerade Pollen und Nektar sammelt: Sie schlüpfen in den offenen Nesteingang oder graben den verschlossenen Eingang wieder auf, und mindestens eine Art, nämlich Nomada leucophthalma bei Andrena clarkella, wurde sogar dabei beobachtet, wie sie ihn nach der Eiablage wieder "ordentlich" zuscharrte.
Nomada fucata, der Kuckuck von Andrena flavipes |
Es kommt auch vor, daß ein Nomada-Weibchen ein Nest in Anwesenheit seiner Besitzerin aufsucht: Wenn es seinen Wirt, ein Andrena-Weibchen, darin oder davor antrifft, gibt es seltsamerweise keinerlei Auseinandersetzungen: Sandbienen zeigen ihren Parasiten gegenüber dieselbe Friedfertigkeit, die Solitärbienen auch gegenüber ihren anderen Feinden beweisen. "Gefährlich?".
Der Grund für dieses Verhalten der Andrena-Weibchen ist aber hier wohl nicht in einem Verletzungsrisiko beim Kampf mit dem Nomada-Weibchen zu suchen, sondern wahrscheinlich in einer "Duft-Tarnung" bzw. Duft-Mimese ( "Glossar") des Parasiten: Wespenbienen erzeugen in ihren Kopfdrüsen Sekrete, die ähnlich duften wie die Sekrete der sog. Dufour-Drüsen im Hinterleib ihrer Wirtinnen und auch von der menschlichen Nase wahrgenommen werden können. Der quasi "arteigene" Duft unterdrückt ein mögliches Abwehrverhalten eines Sandbienen-Weibchens. Merkwürdig ist, daß bei einigen Arten der passende Duft vom Nomada-Männchen erzeugt und bei der Paarung auf das Weibchen übertragen wird; das männliche Geschlecht hat in diesen Fällen also eine zweite Aufgabe ...
Untereinander haben die Weibchen einer Nomada-Art mehr Probleme: Wenn sich zwei dasselbe Wirtsnest ausgeguckt haben, versuchen sie oft, die jeweilige Konkurrentin aggressiv zu verdrängen. Aus diesem Verhalten entwickeln sich in einer Sandbienen-Aggregation dann kleine Wespenbienen-Territorien.
Wer Zeit und Geduld aufbringt, kann Wespenbienen in einer Sandbienenkolonie übrigens auch als Laie leicht beobachten: Die Tiere sind meist auffällig gefärbt (s. o.) und zeigen einen typischen niedrigen Suchflug, der sie meist wieder zu einer Beobachtungswarte z. B. auf einem Blatt zurückführt. Dort kann man sie in Ruhe erwarten und auch fotografieren. Da weibliche Wespenbienen immer wieder zu einmal entdeckten Wirtsnestern zurückkehren, lassen sie sich auch Tage später noch an derselben Stelle beobachten.
Nomada | Wirte: A. = Andrena, E. = Eucera, L. = Lasioglossum, M. = Melitta, P. = Panurgus |
N. alboguttata | Andrena barbilabris, wohl auch: A. ventralis, A. argentata |
N. argentata | Andrena marginata |
N. armata | Andrena hattorfiana |
N. atroscutellaris | Andrena viridescens |
N. bifasciata | Andrena gravida |
N. bifida | Andrena haemorrhoa |
N. bispinosa | vielleicht A. hypopolia oder eine Lasioglossum-Art |
N. bluethgeni | Lasioglossum marginellum |
N. braunsiana | Andrena pandellei, evtl. auch A. curvungula |
N. castellana | evtl. Andrena anthrisci |
N. conjugens | Andrena proxima |
N. distinguenda | Lasioglossum spec., bes. L. villosum, evtl. auch L. parvulum |
N. emarginata | Melitta haemorrhoidalis |
N. errans | Andrena nitidiuscula, wahrscheinlich auch A. pallitarsis |
N. fabriciana | Andrena bicolor, auch A. chrysosceles und A. angustior |
N. facilis | vermutlich Andrena humilis |
N. femoralis | vermutlich Andrena humilis |
N. ferruginata | Andrena praecox |
N. flava | Andrena nitida und A. jacobi, wahrscheinlich auch A. nigroaenea |
N. flavoguttata | Andrena minutula, A. minutuloides, A. subopaca, A. saundersella, A. falsifica |
A. flavopicta | Melitta leporina, auch M. haemorrhoidalis und M. tricincta, evtl. M. nigricans |
N. fucata | Andrena flavipes |
N. fulvicornis | A. carbonaria u. A. tibialis, vermutl. auch A. agilissima, A. bimaculata u. A. thoracica |
N. furva | Lasioglossum morio, L. leucopus, L. punctatissimum, vermutlich weitere L.-Arten |
N. fuscicornis | Panurgus calcaratus (eine Zottelbiene) |
N. goodeniana | Andrena tibialis, A. nigroaenea, A. nitida, A. thoracica, A. cineraria |
N. guttulata | Andrena labiata, evtl. auch A. potentillae |
N. hirtipes | Andrena bucephala |
N. integra | Andrena humilis, wohl auch A. taraxaci |
N. italica | Andrena assimilis |
N. kohli | Lasioglossum puncticolle |
N. lathburiana | Andrena vaga, auch A. cineraria |
N. leucophthalma | Andrena clarkella, auch A. apicata und A. nycthemera |
N. marshamella | Andrena carantonica bzw. A. scotica (ehemals jacobi), auch A. eximia und A. trimmerana, evtl. auch A. ferox, A. nigroaenea und A. nitida |
N. mauritanica | Andrena morio |
N. melathoracica | A. agilissima |
N. moeschleri | ? |
N. mutica | Andrena ferox |
N. obscura | Andrena ruficrus |
N. obtusifrons | Andrena coitana, angeblich auch A. tarsata |
N. opaca | Andrena fulvida |
N. panzeri | Andrena varians, A. helvola, A. synadelpha, A. furcata, A. lapponica |
N. piccioliana | Andrena combinata |
N. pleurosticta | Andrena polita |
N. posthuma | eventuell Lasioglossum glabriusculum |
N. rhenana | Andrena ovatula |
N. roberejeotiana | Andrena tarsata, vielleicht auch A. coitana und eine weitere |
N. rufipes | Andrena fuscipes, evtl. auch A. denticulata |
N. sexfasciata | Eucera nigrescens und E. longicornis, evtl. auch E. interrupta (Langhornbienen) |
N. sheppardana | Lasioglossum nitidiusculum, L. sexstrigatum, wahrscheinlich weitere |
N. signata | Andrena fulva |
N. similis | Panurgus banksianus (eine Zottelbiene) |
N. stigma | Andrena labialis, A. schencki, A. decipiens |
N. striata | Andrena wilkella, auch A. ratisbonensis, A. gelriae und A. similis, vermutlich A. intermedia, vielleicht A. pandellei |
N. succincta | Andrena nitida, auch A. nigroaenea, eventuell A. curvungula |
N. symphyti | Andrena symphyti |
N. trapeziformis | vermutlich Andrena limata |
N. villosa | wahrscheinlich Andrena lathyri |
N. zonata | wahrscheinlich Andrena dorsata und A. congruens |
Die Gattung Nomada mit 8 "Artgruppen" |
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Nomada Scopoli 1770 nach Schwarz et al. (1996), Müller (1997), Westrich & Dathe (1997 & 1998) etc. | ||
N. alboguttata Herrich-Schäfer 1839 N. argentata Herrich-Schäfer 1839 N. armata Herrich-Schäfer 1839 N. atroscutellaris Strand 1921 N. baccata Smith 1844 N. bifasciata* Olivier 1811 N. bispinosa MocsáÁry 1883 N. bluethgeni Stoeckhert 1943 N. braunsiana Schmiedeknecht 1882 N. castellana* Dusmet 1913 N. conjungens Herrich-Schäfer 1839 N. discedens Pérez 1884 N. distinguenda Morawitz 1874 N. emarginata Morawitz 1877 N. errans Lepeletier 1841 N. fabriciana (Linnaeus 1767) N. facilis Schwarz 1967 N. femoralis Morawitz 1869 N. ferruginata* (Linnaeus 1767) N. flava Panzer 1798 N. flavoguttata (Kirby 1802) N. flavopicta (Kirby 1802) |
N. fucata Panzer 1798 N. fulvicornis* Fabricius 1793 N. furva Panzer 1798 N. fuscicornis Nylander 1848 N. goodeniana (Kirby 1802) N. guttulata Schenck 1861 N. hirtipes* Pérez 1884 N. integra* Brullé 1832 N. italica Dalla Torre & Friese 1894 N. kohli Schmiedeknecht 1882 N. lathburiana (Kirby 1802) N. leucophthalma (Kirby 1802) N. marshamella (Kirby 1802) N. melathoracica Imhoff 1834 N. moeschleri Alfken 1913 N. mutabilis Morawitz 1870 N. mutica Morawitz 1872 N. nobilis Herrich-Schäfer 1839 N. obscura Zetterstedt 1838 N. obtusifrons Nylander 1848 N. opaca Alfken 1913 N. panzeri* Lepeletier 1841 |
N. piccioliana* Magretti 1883 N. pleurosticta* Herrich-Schäfer 1839 N. posthuma* Blüthgen 1949 N. pulchra Arnold 1888 N. rhenana Morawitz 1872 N. roberjeotiana* Panzer 1799 N. rostrata Herrich-Schäfer 1839 N. ruficornis* (Linnaeus 1758) N. rufipes Fabricius 1793 N. sexfasciata Panzer 1799 N. sheppardana* (Kirby 1802) N. signata Jurine 1807 N. similis Morawitz 1872 N. stigma* Fabricius 1804 N. striata Fabricius 1793 N. succinta* Panzer 1798 N. symphyti Stoeckhert 1930 N. trapeziformis Schmiedeknecht 1882 N. villosa Thomson 1870 N. zonata Panzer 1798 64 Arten (Pro Spalte bis 22 Arten) |
*Synonyma: nach Müller et al. (1997), Westrich (1990) sowie Westrich & Dathe (1997 & 1998): | ||
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