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Die bekannteste Fliege aus der Familie Drosophilidae ist die "Fruchtfliege" Drosophila melanogaster, die in allen möglichen Zuchtlinien bis heute in den Labors der Vererbungsforschung verwendet und in Schulbüchern behandelt wird. Viele Bienenfreunde kennen aus ihren Gärten eine weitere Art: An Totholz-Nisthilfen, also an Hartholzblöcken und hohlen Stengeln, beobachten sie immer wieder die kleine Taufliege Cacoxenus indagator. Diese parasitiert oberirdisch nistende Bienen, vor allem die häufige "Rostrote Mauerbiene" (Osmia bicornis), aber auch die "Gehörnte Mauerbiene" (Osmia cornuta), wenn diese zeitgleich nistet, gelegentlich auch andere Mauerbienen (Osmia spec.) und sogar Blattschneider- & Mörtelbienen (Megachile). Die Existenz des Parasiten kann man im Frühjahr meist bereits vor dem Schlüpfen seiner Bienen erkennen: Ein winziges Loch in deren Nestverschlüssen verrät den Befall. Viele Fliegenmaden nagen nämlich diese Löcher vor ihrer Verpuppung in den Nestverschluß und in die Zellzwischenwände dahinter, um den Imagines (geflügelten Vollkerfe) später das Verlassen des Wirtsnests zu erleichtern. Interessante Details hierzu sind einer Studie von Erhard Strohm (2011) zu entnehmen (s. Kasten ).
Etwas später, wenn im April und Mai die Bienen schlüpfen, reißen diese neben Bruchstücken der Zwischenwände und Puppenhüllen manchmal auch die typischen gewundenen dünnen Exkrementfäden der Parasiten aus den Nistgängen. Jetzt sind auch deren Imagines zu sehen: im Vergleich zu ihren Wirten sehr kleinen Fliegen mit roten Augen, die geduldig auf den Nisthilfen sitzen und immer wieder für kurze Zeit in den Nistgängen verschwinden. In jede offene Zelle legen sie mindestens zwei Eier (bis zu acht), aus denen bald kleine gelbe Larven schlüpfen, die den Pollenvorrat der Bienenlarve fressen. Diese kann die Konkurrenz mit den Parasiten nur überleben und sich verpuppen, wenn es nicht mehr als ein oder zwei der kleinen Konkurrenten gibt; trotz Nahrungsmangels geschlüpfte Bienen sind allerdings deutlich kleiner als unparasitierte Artgenossen. Viele befallene Brutzellen weisen allerdings, wenn man sie öffnet, deutlich mehr als zwei Fliegenmaden auf: Hier müssen die Bienenlarven verhungern, oder sie werden sogar von den Fliegenlarven gefressen. Diese überwintern im Larvalstadium und verpuppen sich erst Mitte März, nachdem sie die erwähnten Öffnungen in die Lehmwänden gebissen haben.
Cacoxenus indagator kann den Fortpflanzungserfolg von Mauerbienen vor allem dort erheblich beeinträchtigen, wo diese in großen Aggregationen vorkommen, was bei künstlichen Nisthilfen oft der Fall ist, da diese auf kleinem Raum viel mehr Nistgänge bieten können als natürliche Niststrukturen. Wenn also Mauerbienen im Obstbau eingesetzt werden sollen, sollten mehr Nisthilfen eingesetzt werden, als rechnerisch nötig, und sie sollten nicht alle an derselben Stelle plaziert werden.
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Cacoxenus indagator im Nesteingang | Großaufnahme der winzigen Taufliege mit Pollen nach einem Besuch im Nest von Osmia cornuta · Solingen, 28.03.2020 |
Fliegen sind mit ihren Mandibeln nicht in der Lage, eine aus Lehm gebaute Zwischen- und Verschlußwand zu durchdringen, um das Nest der Wirtsbiene zu verlassen. Entomologen schrieben deshalb die Fähigkeit der Fliegen, die Bienenester zu verlassen, zunächst nur ihrem Larvenstadium zu. Die Maden perforieren jedoch längst nicht alle Lehmwände, also war zu klären, wie Imagines von Cacoxenus indagator es schaffen, nach dem Schlüpfen aus ihren Puppen mit eigenen Mitteln in die Freiheit zu gelangen. Die oben erwähnte Studie wurde mit 189 verproviantierten Brutzellen durchgeführt und hatte das Ziel, die folgenden drei Fragen zu beantworten; würde man die Antworten verallgemeinern, ergäbe sich folgendes Bild:
Literatur: Strohm, Erhard (2011): "How can cleptoparasitic drosophilid flies emerge from the closed brood cells of the red Mason bee?" in: Physiological Entomology (2011) 36, 77–83.
Entwicklung von Cacoxenus indagator in einem Nest der Mauerbiene Osmia bicornis:
Bild 1: T = Trennwand, B = Brutzelle, E = Ei, P = Pollen; Bild 2: Mauerbienen-Kokons & -Kot sowie Fliegenmaden, die erst kürzlich in die Zellen eingewandert sind; die mittlere Trennwand wurde beim Abheben des oberen Brettchens zertört; Bild 3: Kot der Bienenlarve (links) und Kotschnüre & zwei Maden der Taufliege (rechts); Bild 4: Parasitierte kleine Mauerbienenlarve (2) und voll entwickelte Bienenlarve (1) · (dav) |
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