Die erdnistende "Goldbiene" (Andrena fulva ) |
Ca. 570 Wildbienenarten sind in Deutschland beschrieben worden, und die meisten leben – wenn sie nicht zu den 39 bereits ausgerotteten Arten gehören – alleine (solitär). Die winzigsten unter ihnen macht eine Körperlänge von gerade einmal 2 mm ganz unauffällig oder läßt sie uns mit Fliegen verwechseln. Andere Arten sehen der Honigbiene des Imkers so ähnlich, daß wir an andere Arten gar nicht erst denken. Wieder andere haben mit ihrer Schwarz-Gelb- oder auch Schwarz-Rot-Zeichnung das für Laien typische Erscheinungsbild einer Wespe.
Höchst unterschiedlich sind die Nester der Bienen: Manche solitär lebende Art baut sie im flachen Boden, in Böschungen oder in Steilwänden, andere mörteln Lehmnester ("Freinester") ungeschützt an Steine, wieder andere nutzen für ihren Nachwuchs Käferfraßgänge in Totholz oder graben bzw. beißen die viele Zentimeter langen Niströhren selbst. Manche Nester sind isoliert, andere finden sich zu Hunderten oder gar Tausenden am selben Ort (in sogenannten Aggregationen), wenn diese zum Nisten besonders günstig ist. Der Laie glaubt dann, es handele sich um einen Schwarm bzw. ein Volk.
Die Männchen der Einsiedlerbienen spielen eine ebenso eingeschränkte Rolle wie bei den Honigbienen und Hummeln: Sie erscheinen meist etwas früher als die Weibchen (man nennt das Proterandrie), sie kümmern sich ausschließlich um die Begattung der Weibchen, und sie sterben Wochen vor ihnen, haben also oft nur eine recht kurze Lebensdauer.
Die Weibchen einer typischen Solitärbienenart sind hingegen jede ihre eigene Königin: Als Universaltalente suchen sie einen Niststandort, graben, erweitern oder bauen eine Nisthöhle und eine Anzahl Brutzellen, sammeln für jede Zelle in vielen Flügen unermüdlich Pollen und oft auch etwas Nektar, legen in jede Zelle ein einziges Ei und verschließen dann die Zelle und schließlich das ganze Nest. Vor diesem Hintergrund könnte man durchaus die Frage stellen, wem das – vermenschlichende und deshalb unwissenschaftliche – Attribut des "Bienenfleißes" mehr gebührt: der Honigbiene oder ihrer einsiedelnden Verwandtschaft?
Sandbienen der Art Andrena flavipes vor einer Niströhre |
Aber es gibt auch "faule" Weibchen in der Bienenwelt eine große Rolle spielt unter den Einsiedlerbienen nämlich der Parasitismus: Rund ein Viertel von ihnen sind "Brutparasiten" bzw. "Schmarotzer" oder einfach "Kuckucksbienen", die keine eigenen Nester und Nestzellen bauen und auch nichts zur Versorgung ihrer Nachkommen eintragen; vielmehr legen sie ihre Eier im günstigen Moment in die Brutzellen anderer Solitärbienen, wo ihre Larven sich von der Wirtslarve und deren Proviant ernähren. Dieses Verhalten erinnert zu Recht an den Kuckucksvogel, es wird auch als "Futter-" oder "Nestparasitismus" bezeichnet und kommt als Sozialparasitismus auch bei den Hummeln vor.
Als ob dieses ausgeprägte Phänomen noch nicht Belastung genug wäre, werden unsere Einsiedler auch noch von anderen Parasiten aus dem Insektenreich heimgesucht: An Bodennestern lassen sich häufig Wollschweber (Bombyliidae) und "Satellitenfliegen" beobachten – z. B. "Fleischfliegen" der Gattung Miltogramma – und an Nistblöcken und hohlen Stengeln eine winzige "Taufliege" mit roten Augen (Cacoxenus indagator) sowie "Schmalbauchwespen" (Gasteruption spec.), "Keulenwespen" (Sapyga spec. und Sapygina decemguttata) und "Schlupfwespen" (Ephialtes spec.): Die meisten dieser und anderer Schmarotzer warten für die eigene Eiablage geduldig auf einen geeigneten Moment, um in das Nest ihres Wirts zu schlüpfen oder ihre lange Legeröhre in ein Wirtsnest und eine Wirtslarve zu bohren; die pelzigen Wollschweber der Gattung Bombylius allerdings werfen ihre Eier aus dem Schwebflug Richtung Nesteingänge.
Manche Bienengattungen sind ausgesprochen artenreich (etwa Andrena und Halictus & Lasioglossum), andere eher artenarm (z. B. Melitturga oder Systropha); einige haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in Europa und kommen auf anderen Kontinenten kaum oder gar nicht vor, andere sind umgekehrt bei uns mit nur wenigen Arten vertreten; einige Gattungen oder Arten schließlich kommen als Generalisten bzw. Ubiquisten bei uns fast überall vor, andere sind als Spezialisten (stenöke bzw. oligolektische Bienen) von bestimmten Klimaten, Niststrukturen und/oder Trachtpflanzen abhängig und daher extrem selten.
Im folgenden werden die Gattungen der mitteleuropäischen Solitärbienen vorgestellt und auch viele ihrer Arten. Der Besucher hat die Wahl, sich in der Navigationsleiste am linken Bildschirmrand die Bienengattungen wahlweise nach drei Ordnungsprinzipien anzeigen zu lassen, nämlich entweder die
Die Artenportraits sind jeweils durch waagerechte grüne Pfeile () am oberen Bildschirmrand erreichbar. Der Verweis auf die "nächste Gattung" am unteren Bildschirmrand führt zur nächsten Gattung in alphabetischer Folge (nicht mehr, wie früher, in taxonomischer Folge, da diese innerhalb der sechs Familien willkürlich ist); in drei Fällen wird auf eine weitere Gattung verwiesen, weil beide Furchenbienen-Gattungen (Halictus & Lasioglossum) auf derselben Seite präsentiert werden und auch zwei alternative Namen (Pseudapis, Tetralonia) verlinkt sind.
Die Arten einer Gattung sind jeweils alphabetisch aufgeführt und untereinander ebenfalls durch grüne Pfeile ( bzw. ) zugänglich. Wer eine gesuchte Art unter den Portraits nicht findet, der könnte im Artenlexikon der Website wildbiene.com des Kollegen Fockenberg fündig werden oder auf der Website wildbienen.info des wohl bekanntesten deutschen Wildbienenexperten, Dr. Paul Westrich, dessen Forschungen diese Website sehr viel verdankt.
Das Portrait bzw. Profil jeder Bienenart beginnt mit ihrem wissenschaftlichen Namen, da nur dieser einen bekannten Organismus eindeutig benennt. Demselben Zweck dient die Angabe vorhandener wissenschaftliche Synonyme, die meist frühere taxonomische Kenntnisstände dokumentieren. In der Zeile "Volksmund" werden, falls vorhanden, auch noch nationalsprachliche Bezeichnungen (mundartliche bzw. Trivialnamen) der deutschen, englischen und/oder niederländischen Sprache angegeben; die englischen Namen stammen in der Regel von den flickr-Seiten des britischen Entomologen Steven Falk ( Apoidea), die niederländischen Namen meist von der Website wildebijen.nl.
Übrigens: So sehr mundartliche Namen dem Wunsch des interessierten Laien entsprechen mögen, so nichtssagend sind sie in den meisten Fällen: Namen dienen ja – wie Sprache überhaupt – der Verständigung, und wissenschaftliche Artnamen erfüllen die Aufgabe in aller Regel über Sprach- und Ländergrenzen und Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg, da sie nach international verbindlichen Regeln vergeben werden. Mundartliche Namen hingegen sind auf eine Sprachgemeinschaft beschränkt und oft nur ihren Erfindern und wenigen Laien-Lesern bekannt, da die meisten Arten selten und nur wenigen Menschen aus eigenem Erleben vertraut sind. Hinzu kommen manchmal mehrere konkurrierende Namen für ein- und dieselbe Art.
Mundartliche Namen haben also oft gar keine kommunikative Funktion, nützlich sind sie in der Regel nur zur Bezeichnung der Arten, die in großen Populationen und in unmittelbarer Nähe der Menschen vorkommen, die ein Interesse an ihrer Benennung haben können: Bekannte Beispiele sind die "Rostrote Mauerbiene", die "Gehörnte Mauerbiene" oder die "Garten-Wollbiene" (auch: "Große Wollbiene"), die wir mit unseren Nisthilfen und Blütenpflanzen anlocken können. Auch Namen mit Verweis auf bevorzugte Pollenquellen oligolektischer Bienenarten, etwa "Platterbsen-Sandbiene" oder "Heidekraut-Sandbiene", lassen sich unter interessierten und erfahrenen Laien noch eindeutig zuordnen. Mit Namen wie "Rotbeinige Lockensandbiene", "Graue Lockensandbiene", "Ovale Kleesandbiene" etc. kann hingegen kaum jemand etwas anfangen, und eine "Schenkel-Wespenbiene" z. B. läßt den Laien verwundert fragen, ob denn andere Wespenbienen keine Schenkel haben. Der offenkundigen Uneindeutigkeit und geringen Verbreitung mundartlicher Namen wird daher hier durch Anführungszeichen Rechnung getragen.
Schließlich noch ein Hinweis aus sprachwissenschaftlicher Sicht: Namen wie z. B. "Rotbeinige Körbchen-Sandbiene" sind nur scheinbar deutsche Namen, denn "deutsch" sind Wörter bzw. Namen nur, wenn sie in der deutschen Sprachgemeinschaft bekannt und kommunikativ wirksam sind, also ihrer Gemeinsprache, zumindest aber einer ihrer Fachsprache angehören; wirklich bekannt aber ist diese Sandbiene im deutschsprachigen Raum nur unter ihrer wissenschaftlichen Bezeichnung Andrena dorsata. Tatsächlich sind Tier- und Pflanzennamen nicht-deutschen (auch wissenschaftlichen) Ursprungs wie Alpaka, Elefant, Panther, Rhinozeros, Zebra, Aster, Erica, Geranie, Iris etc. als Lehnwörter längst Teil der deutschen Sprache. Eine ausführliche Erörterung dieses Themas bietet der Autor hier an: .
Die Beschreibungen der Gattungen und Arten verwenden immer wieder auch Fachtermini. Wer diese nicht kennt, kann sie jeweils in der Biologie- bzw. allgemeinen Sektion im "Glossar" nachschauen. Auch die wissenschaftlichen Pflanzennamen lassen sich dort in einem eigenen Pflanzen-Glossar entschlüsseln. Die Großbuchstaben D, A und CH stehen für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Für Bienenarten mit Gefährdungsstatus ist jeweils auch die Kategorie der bundesweiten Roten Liste der Bienen angegeben, die das Bundesamt für Naturschutz als Teil der Roten Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands herausgibt; zweierlei ist dabei zu beachten: Im Falle einer Neufassung der Roten Liste sind die Angaben dieser Website zu einigen der beschriebenen Bienenarten evtl. einige Zeit lang veraltet, und die bundesweiten Roten Listen sind nicht identisch mit denen der Bundesländer.
Die Bedingungen für die Nutzung von Bildmaterial und/oder Texten sind auf der Impressum- & Copyright-Seite nachzulesen. Die Bildautoren sind in den Bildunterschriften durch ein dreistelliges und kursiv gesetztes Kürzel in Klammern gekennzeichnet; fehlt das Kürzel, so ist der Autor dieser Website auch der Bildautor.
Die folgenden Familien [alternativ: Unterfamilien] und ihre Gattungen sind in taxonomischer Reihenfolge aufgeführt:
|
|
Alternative und ehemalige Familien bzw. Gattungen stehen in eckigen Klammern. In runden Klammern und Anführungszeichen werden deutsche Gattungsnamen genannt, die manchem Laien das Ansprechen der Bienengattungen erleichtern.
Falls am linken Bildschirm-Rand keine Verweisleiste zu sehen ist, klicken Sie bitte auf , um den gesamten Frameset anzuzeigen.
Bienenkalender |