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Schenkelbienen · Macropis
Artenportraits:  Macropis  europaea ·  fulvipes

Die "Schenkelbienen" – Gattung Macropis – verdanken ihren deutschen Gattungsnamen wohl den stark verdickten Hinterschienen ihrer Männchen. Die Weibchen zeigen dort eine auffällig breite helle Bürste, die bei Macropis europaea ganz weiß, bei M. fulvipes hingegen gelbbraun ist – solange kein Pollen oder Blütenöl aufgenommen wurde. Davon abgesehen sind Macropis-Arten auf den ersten Blick in Färbung und Zeichnung vielen mittelgroßen Furchenbienen (Halictus & Lasioglossum) ähnlich: dunkel mir hellen Hinterleibsbinden und nur 8–10 mm lang, aber natürlich ohne Furche. Die schmalen weißen Haarbinden sitzen – wie bei Halictus – an den Endrändern der Abdominaltergite. Die Weibchen haben zudem die Eigenart, beim Blütenbesuch manchmal ihre Hinterbeine steil anzuheben.
    Im deutschsprachigen Raum ist Macropis mit gerade mal zwei Arten verbreitet. Zu finden sind sie erst im Sommer (Juni bis August/September) und dort, wo es nennenswerte Gilbweiderich-Bestände gibt: Macropis europaea in Flußauen und anderen Feuchtgebieten, wo der Gewöhnliche Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris) wächst, M. fulvipes hingegen in und an Wäldern, wo neben dem Gewöhnlichen Gilbweiderich auch der Pfennig-Gilbweiderich (L. nummularia) wächst oder der Punkt-Weiderich (L. punctata) als Gartenpflanze kultiviert wird.

Schenkelbiene Macropis europaea
Die Schenkelbiene Macropis europaea auf Lysimachia vulgaris · Düsseldorf-Garath, 18.07.2006

Schenkelbienen sind oligolektisch und zeigen nicht nur eine strenge, sondern auch besondere Spezialisierung auf die genannten Gilbweiderich-Arten (Lysimachia spec.): Die Weibchen sammeln an deren Blüten nicht nur Pollen, sondern auch ein fettes Blütenöl, das Gilbweiderich-Arten aus Drüsenhaaren auf ihren Staubfadenröhren absondern; im Englischen heißen Schenkelbienen daher "Oil-Collecting Bees". Um Nektar zu tanken, müssen die Weibchen wie die Männchen die Blüten anderer Pflanzen besuchen. Da der Gilbweiderich keinen Nektar bietet, wird er nur von wenigen anderen Bienen besucht, etwa der Furchenbiene Lasioglossum calceatum.
    Zur Aufnahme des Pollens drücken Macropis-Weibchen zunächst ihren Hinterleib auf den Staubbeutelkranz und kämmen ihn sich dann im Flug in die Beinbürsten an den beiden Hinterschienen und -fersen. Um das Öl zu sammeln, betupfen weibliche Schenkelbienen die Staubfadenröhren mit speziellen Saugpolstern aus dichtstehenden Härchen an den Innenseiten ihrer Vorder- und Mittelbeintartsen und streichen das Öl dann in ihre Hinterbeinbürsten (Scopae), die eine ähnliche Behaarung aufweisen und in denen sich Öl und Pollen zu einem dicken Klumpen mischen. Das Larvenbrot von Macropis besteht daher aus Pollen und Blütenöl und ein wenig Nektar von anderen Pflanzen. Das Blütenöl ist ca. achtmal kalorienreicher als Nektar, dient allerdings auch dazu, in feuchter Umgebung Nester wasserdicht machen.
    Auch die Paarung findet auf Lysimachia-Blüten statt. Die Drohnen patrouillieren dort in ihren Territorien, die sie nur zur Nektaraufnahme verlassen müssen.

Schenkelbiene Macropis europaea, M   Schenkelbiene Macropis europaea, W
Man beachte den Hinterschenkel des · 1.8.2007   M. europaea · Fotos: D'dorf-Garath, 18.7.2006

Schenkelbiene Macropis fulvipes, W   Schenkelbiene Macropis europaea, W
Macropis fulvipes  an Lysimachia punctata   M. fulvipes  · Solingen, 13.07.2008

Schenkelbienen nisten solitär und einzeln in selbstgegrabenen Nestern in unterschiedlichen Erdsubstraten. Anders als viele andere Erdnister bevorzugen sie keine vegetationsfreien oder -armen Flächen, sondern graben ihre Gänge gut versteckt unter Gras und Moos; nur eine kleine Auswurfhalde (Tumulus) kann den Eingang hier verraten. Von einem schräg (ca. 8 cm) kurzen Hauptgang können einige wenige kurze Seitentunnel abzweigen, die in einer bis zu vier Brutzelle enden. Deren Innenwände werden mit einer wasserabweisenden Substanz imprägniert, wahrscheinlich dem Blütenöl des Gilbweiderichs. Für den ca. 60–70 mg schweren Larvenproviant benötigt das Weibchen 5–8 Sammelflüge. Die Larven verzehren den Proviant innerhalb von nur zwei Wochen und spinnen dann einen zweischichtigen Kokon, der die Brutzelle vollständig ausfüllt: Da sie erst nach Fertigstellung der ersten Schicht den größten Teil des dünnflüssigen Kots ausscheiden, entsteht zwischen beiden Schichten eine dritte Zwischenschicht. Die Bienen überwintern als Ruhelarve, die sich erst im warmen Frühling verpuppt und wenig später ausfliegt.

Auch Macropis-Arten haben Gegenspieler unter den Bienen: Sie werden von der Schmuckbiene Epeoloides coecutiens parasitiert, die sich auf Schenkelbienen spezialisiert hat.

Macropis Panzer 1809 nach Schwarz et al. (1996), Müller (1997), Westrich & Dathe (1997 & 1998) etc.
M. europaea* Warncke 1973 M. fulvipes (Fabricius 1804)
2 Arten
*Synonyma: nach Müller et al. (1997), Westrich (1990) sowie Westrich & Dathe (1997 & 1998):
  • Macropis labiata Fabricius 1804 → Macropis europaea Warncke 1973
  • Schenkelbienen-Technik in der Bionik

    Die Beinbehaarung der Schenkelbienen nimmt das Blütenöl durch Kapillarkraft auf und hält es auch während des Fluges verlustfrei. Im Nest streifen die Bienen das Öl wieder aus den Scopae, um die Brutzellen zu imprägnieren und (zusammen mit Pollen) ihre Larven zu füttern. Die Scopae lassen sich wiederholt vollständig "laden" und "entladen", verkleben also nicht, und das aufgenommene Öl ist bis zu 30mal schwerer als das Eigengewicht der Körbchenhaare. Diese Fähigkeiten veranlaßten Wissenschaftler (Bioniker), die Mikrostruktur der Bienenhaare zu erforschen: Sie wollen diese nachahmen und ein Tuch entwickeln, der Öle genauso sicher aufnimmt und abgibt wie die Beine der Schenkelbienen. Man fand in einem Zentrifugentest heraus, daß Motoröl selbst bei 800 Umdrehungen pro Minute in den Haaren der Bienenbeine haftet. Ein bereits entwickeltes wasserabweisendes, aus mehreren Schichten aufgebautes Textil aus Polyester saugt Motoröl ebenfalls schnell und gründlich auf; Wasser wird dabei nicht aufgenommen, denn es hat eine für die Textilstruktur zu hohe Oberflächenspannung. Aber das Tuch verliert im Gegensatz zu den Bienenhöschen noch Öl.
    Eine praktische Anwendung sind Lappen, die kleine Öllachen etwa im Haushalt oder in Autowerkstätten aufnehmen. Eine größere Anwendung bestünde in großen mehrschichtigen Teppichen, mit der sich nach Leckagen Ölteppiche von der Wasseroberfläche entfernen lassen.
    Literatur: Steneberg, A. (2009): "Fliegender Ölteppich – Eine Vision der Bienenforscher" in: Forschung aktuell, UMWELT & GESUNDHEIT 20/2, S. 70.

    Bestimmungs- & weitere Literatur:

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