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Seidenbienen: Colletes hederae    

Artname: Colletes hederae Schmidt & Westrich, 1993
Volksmund: deutsch: "Efeu-Seidenbiene" · englisch: "Ivy Bee" · niederländisch: "Klimopbij"
Merkmale: Ähnlich Colletes halophilus & C. succinctus, aber durch die Futterpflanze (Efeu) und noch spätere Flugzeit, oft auch die Größe unterscheidbar. W.: 8,5–14,5 mm; Kopf braun behaart, Wangen fast so breit wie Fühler, Clypeus vorn mit Querrunzeln; Thorax dicht braun bepelzt, seitlich heller; Abdomen: schwarz glänzende Tergite mit breiten karamellcremefarbenen Endbinden, die auf dem 1. T. nur seitlich ausgebildet sind, dieser zum Thorax hin braun behaart, 2. T. mit Basalbinde; M.: 8,5–12,5 mm; Clypeus ohne Querrunzeln; Abdomen weniger glänzend, Endbinden heller und alle ungeteilt, der 6. Sternit mit zwei Grübchen vor dem Endrand und einem Kiel.
Verbreitung: Süd- & Mitteleuropa: von Nordost-Spanien sowie Mittelitalien und Sardinien über die Niederlande bis Großbritannien und östlich bis Slowenien und Kroatien; in Deutschland vom Mittelrhein und der Oberrheinebene aus in Ausbreitung.
Lebensraum: Lößwände, Hänge, Sandflächen mit Efeubeständen in erreichbarer Nähe.
Fortpflanzung:  Selbstgegrabene Nester in  Aggregationen in Lößwänden sowie Löß- und Sandböden (auch Sandkästen). Überwinterung als Ruhelarve.
Kuckuck: die Filzbienen Epeolus cruciger, Epeolus variegatus und Epeolus fallax; der Öl-Käfer Stenoria analis.
Nahrung,
Nestproviant:
pollenspezialisiert (oligolektisch) auf Efeu (Hedera helix) ; die Drohnen suchen Nektar vor allem an Doldengewächsen (Apiaceae), z. B. Mannstreu (Eryngium), und Korbblütlern (Astereae), vor allem Goldruten (Solidago).
Flugzeit: 1 Generation im Jahr (univoltin): Mitte September–Oktober/November.
Colletes hederae
Die Seidenbiene Colletes hederae  

Diese Seidenbiene ist der Wissenschaft erst seit Anfang der Neunziger Jahre bekannt: 1993 veröffentlichten Konrad Schmidt und Paul Westrich einen Aufsatz: "Colletes hederae n. sp., eine bisher unerkannte, auf Efeu (Hedera) spezialisierte Bienenart (Hymenoptera: Apoidea)" (Entomologische Zeitschrift 103 (6), S. 89–112). Der Grund für ihre späte Entdeckung war, daß sie lange Zeit für die sehr ähnliche Heidekraut-Seidenbiene (Colletes succinctus) oder die Salz-Seidenbiene (Colletes halophilus) gehalten wurde, wobei das Sammeln an Efeu entweder übersehen oder für eine Notstrategie bei Nahrungsmangel gehalten wurde. Außerdem haben Bienenforscher ihre Feldforschung im Oktober in der Regel abgeschlossen.
    Das Verbreitungsgebiet von Colletes hederae reicht von Spanien und Mittelitalien und Sardinien über Frankreich, Belgien und die Niederlande, Großbritannien, die Schweiz und Deutschland (ohne Norden und Osten) bis nach Slowenien und Kroatien. In Deutschland wurde sie zunächst in der Oberrheinebene und am Mittelrhein sowie im angrenzenden Moseltal (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz) nachgewiesen, etwas später bereits auch in Bayern und spätestens 2007 in Hessen (überwiegend südlich und südwestlich von Frankfurt); ebenfalls seit 2007 wurden in Nordrhein-Westfalen erste Vorkommen in Dortmund, Rhöndorf (Stadtteil von Bad Honnef bei Bonn), Bonn und Leverkusen entdeckt, 2012 eine Population in Düren und 2013 in Solingen und Oberhausen, was eine Ausbreitung aus den Niederlanden nach Osten nahelegt. 2014 wurden auch Vorkommen in Sankt Augustin-Hangelar und Köln bekannt; seither häufen sich die Beobachtungen. Colletes hederae steht deshalb schon seit September 2008 nicht mehr in der Gefährdungskategorie 3 der Roten Liste.

Auffällig bei Colletes hederae sind die ungewöhnlich breiten Binden. Im Vergleich mit der Salz-Seidenbiene (Colletes halophilus) sind die Hinterleibsringe (Tergite) bei jungen Efeu-Seidenbienen gelbbraun, nicht weißlich; außerdem ist deren zweiter Tergit deutlich schwächer punktiert. Der Laie erkennt die Art am ehesten durch ihre ungewöhnlich späte Flugzeit und ihre Spezialisierung auf Efeu (Hedera helix), der als Nachzügler erst blüht, wenn die Vegetationszeit eigentlich schon zu Ende ist: Efeu-Seidenbienen fliegen erst, wenn kaum noch Bienen zu sehen sind, und sie sammeln den Pollen für ihre Brut, wie der deutsche Name vermuten läßt, fast nur an Efeu (siehe unten). Da die Blüten des Efeus eher unspektakulär sind, wird blühender Efeu im blütenarmen September/Oktober von vielen Menschen gar nicht wahrgenommen; schaut man aber einmal bewußt hin, sieht man Schmetterlinge und Fliegen, Wespen und Honigbienen – aber in der Regel keine Solitärbienen. Eine Honigbienen-große Biene mit gelbbraunem Thorax-Pelz und auffälligen breiten Binden ist also vermutlich Colletes hederae – wenn die Art lokal vorkommt.
    Jüngste Untersuchungen des gesammelten Pollens hatten überraschende Ergebnisse: Wie Dr. Westrich 2006 und 2007 feststellen konnte, sammeln Efeu-Seidenbienen vor dem Aufblühen des Efeus bereits anderen Pollen, nämlich von Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale), vom Gelben Zahntrost (Odontites luteus) und von der Goldrute (Solidago canadensis und S. gigantea) und wohl auch von weiteren Spätblühern. Sobald aber der Efeu blüht, wechseln sie zu seinem Pollen. Diese Flexibilität ist für die Verbreitung dieser Bienenart wichtig, weil das Zeitfenster vom Aufblühen des Efeus bis zur ersten naßkalten Herbstperiode in manchen Jahren recht kurz ist.
    2008 berichteten Müller & Kuhlmann von Weibchen, die Pollen vom Zahntrost (Odontites) und der Besenheide (Calluna vulgaris) gesammelt hatten. Teppner & Brosch berichteten 2015 von Colletes-hederae-Weibchen im Botanischen Garten Graz, deren Pollenladungen bis zu 98,5% vom Seifenbaum bzw. Gallen-Sumach (Rhus chinensis) stammten; offenbar war dieser Exot aus Ostasien für die Efeu-Seidenbiene viel attraktiver als der Efeu, der in unmittelbarer Nähe in voller Blüte stand. Die beiden Autoren nennen dieses Verhalten pseudo-oligolektisch.

Wer Efeu-Seidenbienen an Efeu beobachtet, sollte die beiden Blühstadien dieser Kletterpflanze kennen: Aus den blaßgrünen runden Knospen entsteht zunächst das erste, männliche Stadium: An der Peripherie der (leicht abgeflachten) Blütenscheibe wachsen zwischen den Blütenblättern sechs 2–3 mm lange Fäden mit hellgelben Staubbeuteln, die schließlich aufplatzen und (nach dem Abernten) dann bräunlich werden und abfallen. Das folgende, weibliche Stadium der Blüte ist mit der kleinen stutzenförmigen Narbe so unscheinbar, daß es leicht mit einer Knospe verwechselt wird; Insekten können aber von der Scheibe bequem den offen dargebotenen Nektar ablecken, und dabei hinterlassen sie den Pollen auf der empfängnisbereiten Narbe.

Colletes hederae, W
Colletes hederae  an Efeu (Hedera helix) · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae an Efeu   Colletes hederae, W
Colletes hederae , Nektar leckend   Colletes hederae  an Efeu · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae, W   Colletes hederae, W
Colletes hederae  an Hedera helix   Colletes hederae  · Maastricht (NL), 14.9.2008

Colletes hederae, M   Colletes hederae, M
Colletes hederae  auf Sitzwarte neben einem Efeubusch   C. hederae  · Maastricht, 14.09.2008

Colletes hederae, W   Colletes hederae, W
Colletes hederae  über Solidago canadensis   Colletes hederae  · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae, W   Colletes hederae, W
Colletes hederae  mit Pollen ...   ... auch in den Mandibeln · · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae, W   Colletes hederae, W
Colletes hederae  an blühendem Efeu   Colletes hederae  · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae, W   Colletes hederae, W
Colletes hederae  an Efeu (Hedera helix)   Colletes hederae  · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae, W   Colletes hederae, W
Colletes hederae  an Hedera helix   Colletes hederae  · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae, W   Colletes hederae, W
Colletes hederae  an Hedera helix   Colletes hederae  · Maastricht (NL), 14.09.2008

Colletes hederae nistet in kleinen bis großen Aggregationen im Boden, vorzugsweise in Lößwänden, aber auch, wie der international bekannte Bienenforscher Paul Westrich herausfand, gerne in Sandkästen auf Kinderspielplätzen. Eine ausführliche Darstellung in Bild und Wort seiner Beobachtungen im Herbst 2006 und 2007 liefert er auf seiner Website.
    Der Autor dieser Seite konnte Colletes hederae erst 2008 erstmals beobachten und fotografieren, nämlich in Maastricht, wo die Art auch in weichem Kalkstein nistet. Vier Jahre später, 2012, gelangen ihm dann die ersten Fotografien der Efeu-Seidenbiene in Nordrhein-Westfalen, nämlich in Düren, und 2013 in seiner Heimatstadt Solingen. Fotos von diesen Exkursionen sowie Vergrößerungen finden sich auf weiteren Foto-Seiten:

  Zwei Aggregationen bzw. Nest-Ansammlungen in Maastricht (NL) 2008
  Colletes-hederae-Fotos: Vergrößerungen (600 x 600 Pixel)
  Colletes-hederae-Aggregation auf einem Schulgelände in Düren 2012
  Colletes-hederae-Weibchen an einer Efeu-Hecke in Solingen 2013
  Info-Blatt, das auch in der  allgemeinen Rubrik auf der DownLoads-Seite herunterzuladen ist.

Kuckucke zu Colletes hederae – wie auch zu Colletes succinctus und Colletes marginatus – sind die Filzbiene Epeolus cruciger und seit September 2016 auch die wohl aus Frankreich eingewanderte Filzbiene Epeolus fallax. Aus Nordfrankreich und von den Kanalinseln ist ein weiterer Parasit bekannt: der Öl-Käfer Stenoria analis (Schaum). Dessen Weibchen legen ihre Eier an allen möglichen Stellen ab, meist Blüten- und Samenständen. Die in Massen geschlüpften Triungulinen (= ′Dreiklauer′, das eigentümliche erste Larvenstadium der Ölkäfer) locken die Männchen von Colletes hederae vermutlich mit dem Sexuallockstoff dieser Art an, beißen sich dann mit ihren Klauen an den Drohnen (vorzugsweise ihren Mandibeln) fest und lassen sich zu den Weibchen oder Nestern transportieren. Dort verzehren sie das Wirtsei und verwandeln sich in ein zweites Larvenstadium, das sich vom Proviant der Brutzelle ernährt. Aus einer Pseudonymphe im dritten Stadium entsteht die richtige Nymphe, aus der schließlich der Käfer schlüpft.

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