Wildbienen am Haus
- „An unserem Haus hat sich in großer Anzahl die Gehörnte Mauerbiene eingenistet. Die Tiere haben kreisrunde Löcher von etwa 1/2 bis 1 cm Durchmesser in die Klinkerfugen gearbeitet. Der Klinker ist ein Gitterziegel, d. h. vermutlich haben sich die Bienen die Hohlräume im Ziegel zugänglich gemacht und nisten nun in den Steinen. Wir sind nicht begeistert und würden die ungebetenen Gäste gerne daran hindern, die Klinkerfassade weiter zu zerstören. Was ist zu tun? Sollen wir jetzt die Eingänge dauerhaft verschließen?“
- „Ich habe festgestellt, daß ich wohl Mauerbienen hinter meiner Fassade habe, die durch die Zwangsbelüftungsschlitze ein und ausfliegen. Was kann oder soll ich tun? Sind diese Nester nur einjährig wie bei den Hummeln? Im Grunde stören sie mich im Moment noch nicht, da immer so 10 bis 15 im Öffnungsbereich sitzen. Falls es natürlich mehr werden und eine Gefährdung von ihnen ausgeht oder ein baulicher Schaden auftreten kann, hätte ich schon gerne gewußt, was zu tun ist.“
- „Wir haben ein Haus mit Holzgauben, um die jetzt lauter Tiere fliegen, vermutlich Wildbienen. Da es schon so viele sind, müßten sie schon irgendwo gebaut haben. Was können wir machen? Fliegen sie wieder weg? Wie lange bleiben sie da?“
- „Wir haben in unserem Hof eine seltsame Hummel beobachtet (inzwischen sind es mehrere), sie ist cirka 2 cm groß, schwarz und bohrt wie ein Holzwurm etwa 1,5 cm dicke Löcher in unsere Fachwerkbalken wie mit einem Bohrer, es ist fast nicht zu glauben; es fällt richtiges Sägemehl heraus, und das nicht wenig. Bitte, was ist das für eine Hummel? Was können wir dagegen tun?“
Eines ist solchen Sorgen und Fragen gemein: Eine Gefahr für die Bausubstanz besteht nicht, das Durchlöchern bzw. Zerstören einer Fassade wäre nur denkbar a) bei Bienenarten, die tatsächlich selbst graben, b) bei einem ungewöhnlichen Massenvorkommen einer solchen Art, wie es sie vor vielleicht 100 Jahren noch gegeben haben soll, und c) bei alter Bausubstanz (Lehm, verwittertem Sandstein).
Die u. a. in Wänden nisten Bienen sind in der Regel sogenannte Mauerbienen, vor allem Osmia bicornis (ehemals Osmia rufa) und Osmia cornuta, aber auch die verwandten kleinen Scherenbienen (Gattung Chelostoma). Diese Arten nutzen nur vorhandene Löcher als Nistgänge, in Hauswänden und Fensterrahmen etwa Drainage-Löcher, alte Dübellöcher, Spalten und Risse etc. Dabei tragen sie etwas Lehm und anschließend Pollen für ihre Larven ein; weder Holz noch Mauerwerk werden geschädigt. Es gibt hingegen nur ganz wenige Bienenarten, die tatsächlich in Wänden graben:
- Ab März fliegt die Pelzbiene Anthophora plumipes. Sie gräbt sich ihre Nistgänge gerne in den lehmigen Böden unter Kiesbetten unter Balkonen und besiedelt vereinzelt noch die Lehmwände alter Scheunen und Fachwerkhäuser, falls die Strohbeimengung im Lehm ausreichend mürbe ist. Da alte Lehmhäuser heute sehr selten sind, bauen Bienenfreunde gerne überdachte Lehmwände, um Pelzbienen dort anzusiedeln. In modernem Mauerwerk und Mörtel hat diese Biene mit ihren Mandibeln keine Chance.
- Ab Juni fliegt die Seidenbiene Colletes daviesanus, die ihre Nistgänge, wenn nötig, in feinkörnigem, wenig festem Gestein selbst gräbt. Bei massenhaftem Auftreten könnte diese Art an alten Gebäuden tatsächlich Schäden verursachen, was in früheren Zeiten tatsächlich vorgekommen ist. Heutzutage ist diese im Sommer auf dem Rainfarn zu sehende Biene nicht mehr häufig genug, und alte Gehäuse sind längst saniert und somit sicher.
- Der dritte Kandidat für Bauschäden ist die seltene Große Holzbiene Xylocopa violacea: Sie ist groß wie eine Hummel und pechschwarz mit dunkelblau schillernden Flügeln und seit der Klimaerwärmerung auf dem Weg nach Norden. Holz, das durch natürliche Alterung mürbe wird, ist das geeignete Nistsubstrat für Holzbienen. Wenn diese erfolgreich einen Fachwerkbalken anbohren, zeigen sie einen Sanierungsbedarf an. Man kann der Verwitterung aber leicht vorbeugen, indem man unbehandeltes bzw. angewittertes Holz mit Lasuren oder Lacken streicht und Verletzungen der Holzoberfläche (Nagellöcher, Sägeschnitte) vermeidet, da die Bienen dort gerne ansetzen.
- Von Juni bis August fliegt im Mittel- und Hochgebirge die sehr seltene und gefährdete "Schwarzbäuchige Blattschneiderbiene" Megachile nigriventris. Sie bohrt ihre Nistgänge im morschen Holz von Baumstrünken und kann daher auch in alte und gegen Feuchtigkeit ungeschützte, verwitterte Holzkonstruktionen eindringen. Holzteile eines Hauses, die von dieser Biene "befallen" werden, sind also ohnehin nicht mehr brauchbar und verrotten auch ohne Bienennester.
Bienen in Hauswänden sind also praktisch immer Mauer- und Scherenbienen. Wenn diese und andere Arten (übrigens auch Solitärwespen) die Auswahl haben, ziehen sie meist Löcher in Hartholz vor, dann folgen hohle Stengel, Ziegel und (Holz-) Beton. Wer also seine Bienen trotz ihrer Unschädlichkeit lieber außerhalb der Bausubstanz nisten lassen will, der kann ihnen mit ein paar Nisthölzern oder -ziegeln eine Freude machen, die er bzw. sie regengeschützt an der Hauswand montiert. Das hilft auch Seidenbienen, die sich gerne das zeit- und kräfteraubende Graben sparen. Sollte sich gar eine der seltenen Holzbienen (
Hummeln?) oder Schwarzbäuchigen Blattschneiderbienen eingefunden haben, nimmt sie gerne ein altes mürbes bzw. morsches Obstbaum- oder Balkenstück an, das man in der Nähe z. B. an einen Zaun, einen Pfosten oder eine Wand schraubt oder einfach – am besten mit einer Dachplatte – auf eine Steinplatte stellt. Eine unschätzbar wertvolle Nisthife für Bienen stellt übrigens ein alter Obstbaum dar, den man nicht fällt, sondern dessen Stamm man nach der Entastung einfach stehenläßt!
Weitere Informationen über die erwähnten Bienenarten finden sich unter
Wildbienen: Artenportraits.
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Osmia bicornis in einem Klappfenster |
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Ehemaliges Dübelloch mit Nestverschluß |
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Spalt in einem Dachflächen-Klappfenster |
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Osmia bicornis in einem Spalt unter Dachziegeln |
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