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Holzbienen · Xylocopa
Artenportraits:  Xylocopa  iris ·  valga ·  violacea

Holzbiene: Xylocopa violacea, M
Xylocopa violacea  auf einer Eberwurz (Carlina corymbosa). Ägäis-Insel Thàsos, Sept. 1995 (fow)

"Holzbienen" sind auffällig große schwarze Bienen, die durch ihre Form und Größe (in Mitteleuropa 15–28 mm) sehr an Hummeln erinnern, durch ihre weniger dichte und lange Behaarung sowie ihre dunklen (blauschwarzen) Flügel aber leicht von diesen zu unterscheiden sind – wenn es nicht gerade Kuckuckshummeln sind, die auch dunklere Flügel haben. Typisch ist auch die sehr langgezogene spitze Radialzelle, die jeweils am vorderen Rand der Vorderflügel der Flügelspitze am nächsten ist. Anders als die meisten Solitärbienen, aber wie z. B. Hummelköniginnen schlüpfen europäische Holzbienen schon im Sommer und überwintern in einem geeigneten Versteck – allerdings beide Geschlechter, die sich dann nach der Winterpause paaren. Übrigens: Der – nicht zufällig an ein bekanntes Holzschutzmittel erinnernde – wissenschaftliche Name Xylocopa leitet sich vom altgriechischen xyl = 'Holz' ab und bezieht sich wie der deutsche Name auf die Nistweise vieler Holzbienen, die ihre Nistgänge in Totholz nagen. Ihr englischer Name ist dementsprechend "Large Carpenter-Bees"; mit ihnen verwandt sind die "Small Carpenter-Bees": die "Keulhornbienen" der Gattung  Ceratina.

Xylocopa ist eine wärmeliebende Gattung, die überwiegend in den Tropen und Subtropen auch der Neuen Welt verbreitet ist, wo sie sogar soziale Verhaltensweisen zeigt; afrikanische Arten verteidigen sogar stechend ihre Nester. Aufgrund der Klimaerwärmung haben sich Holzbienen erst in jüngster Zeit vom Mittelmeerraum aus nach Norden ausgebreitet: In wärmeren Regionen des deutschsprachigen Raumes sind von April bis August drei Arten zu finden: in Deutschland hauptsächlich Xylocopa violacea, aber auch X. valga, in Österreich und der Schweiz alle drei: X. iris, X. valga & X. violacea. Die in Deutschland seit Jahrzehnten verschollene Kleine Holzbiene (Xylocopa iris) wird übrigens von Michener (Wildbienen-Biologie & Allgemeines --> Literatur -> Rezensionen Literatur / Rezensionen) in die Untergattung Copoxyla gestellt. Unterscheiden lassen sich die drei Arten wie folgt:

 
XylocopaMerkmale Merkmale Nistort
X. iris

Mitte April–
Mitte Oktober
15–18 mm; Thorax & Abdomen metallisch blauschwarz, Haare schwarz; Hinterschiene außen mit 2 breiten Zähnen15–18 mm; Thorax & Abdomen metallisch blauschwarz, Haare schwarz, aber auf dem Pronotum gelb o. braun; Hinterschiene außen mit 1 abstehenden spitzen ZahnMarkhaltige Stengel
(11–16 mm)
X. valga

Ende März–
Mitte September
22–28 mm; Körper & Behaarung schwarz; Fühler schwarz; Flügel metallisch blau schimmernd; Hinterschiene mit vielen Zähnen22–28 mm; Körper, Haare & Fühler schwarz, Glied 3 so lang wie 4 + 5 zus.; Flügel metall. blau schimm.; Hinterschiene mit nur einem ZahnMürbes Totholz,
Stengel?
X. violacea

Anfang März–Ende Oktober
20–25 mm; Körper & Behaarung schwarz; Flügel metallisch blau schimmernd; Fühlerunterseite meist teils gelb; Hinterschiene außen auf den oberen 60% mit 2 Zähnchen-Reihen20–25 mm; Körper & Behaarung schwarz, auf dem Buckel (Scutum) schwarz & grau; Flügel metall. blau; Fühlerende gebogen, 5.–9. Glied nur unterseits, 10.–11. ganz gelblich, 3. Glied so lang wie 4.–6. zus.; hintere Schiene außen mit 1 kleinen ZahnMürbes Totholz,
auch dicke Stengel

Mit ihrem kräftigen Rüssel können Holzbienen wie Hummeln enge Blütenröhren durchstoßen, um an den Nektar zu gelangen ("Nektarraub"). Pollen tragen die Weibchen nicht nur in ihren Haarbürsten an der Hinterschiene und -ferse ein, sondern auch im Kropf: Mit einem speziellen Kamm am Stamm (Stipes) des Unterkiefers (Maxille) streicht die Biene den Pollen aus den pelzigen Vorderbeinen und verschluckt ihn.
    Drohnen von Xylocopa valga und X. violacea besitzen eine "Brustdrüse", die auf der hinteren Oberseite des Brustabschnittes (Thorax) – zwischen Hinterschildchen (Metanotum bzw. Postscutellum) und Mittelsegment (Propodeum) – mündet und vermutlich eine Fortpflanzungsfunktion hat.

Neben ihrer spektakulären Erscheinung ist auch die Fortpflanzung der in Mitteleuropa solitär lebenden Holzbienen ungewöhnlich:

  1. Die süd- und mitteleuropäischen Holzbienen gehören zu den wenigen Bienen, die sich ihre Gänge selbst graben: X. violacea und X. valga nagen mit ihren kräftigen Oberkiefern ihre Liniennester in mürbes Totholz (meist in Faserrichtung), X. iris nur in markhaltige Stengel. Die beiden ersten Arten nagen in dünnen stehenden oder liegenden Ästen und Pfählen einen Gang, in dickerem Totholz auch mehrere parallele Gänge von einem Hauptgang aus. Nur die eigentlichen Nistgänge werden verschlossen, der Hauptgang bzw. Nesteingang bleibt offen. Die Brutzellen werden durch Zwischenwände aus Holz- bzw. Markpartikeln und Speichel separiert und dann mit einer wasserdichten Substanz ausgekleidet.
  2. Die Entwicklung vom Ei bis zum Schlupf der Biene (Imago) dauert nur anderthalb bis zwei Monate, obwohl Holzbienen einjährig sind, also nur eine Generation im Jahr hervorbringen: Holzbienen lernen also die Welt noch wochen- und monatelang kennen, bevor sie in ihren Geburtsnestern, in Holzgängen, Mauerspalten oder selbstgegrabenen Erdlöchern etwa in Lößwänden in den Winterschlaf gehen. Anders als Furchenbienen (Gattungen Halictus & Lasioglossum), aber wie die verwandten Keulhornbienen (Ceratina) paaren sie sich erst nach der Winterruhe im warmen Frühling. Diese stellt allerdings keine echte Diapause dar, wie sie im Imago-Stadium überwinternde Bienenarten (etwa viele Andrena-Arten) durchmachen, die im warmen Frühling schon voll entwickelt sind und daher sofort ausfliegen können.
  3. Die Weibchen sind ungewöhnlich langlebig und lernen deshalb meist noch ihre Nachkommenschaft kennen; das ist unter Solitärbienen sonst nur von den Furchenbienen (Halictus & Lasioglossum) und Keulhornbienen (Ceratina) bekannt.
  4. Kuckucksbienen sind bei Holzbienen nicht bekannt.
Xylocopa violacea   Die Holzbienen im Garten der Familie Knöppler (Altrip bei Ludwigshafen) schlüpften aus einem trockenen und harten Holzstamm, der im Frühjahr geschlagen worden war. Das Bild zeigt die Holzbiene, wie sie sich vorsichtig vorwagt. Hinter der Öffnung führt ein Gang nach links und einer nach rechts.   Xylocopa violacea, Nistgang
Xylocopa violacea an Campanula persicifolia; 1.6.2005 (knö)       Xylocopa violacea im Schupfloch, aufgehellt; 17.6.2005 (knö)

Holzbienen kommen auch in der Neuen Welt (Amerika) vor. In den USA beschweren sich Hausbesitzer über ihre Bohrlöcher in der Holzverkleidung, in Balken, Namensschildern, Veranda-Decken, Gartenmöbeln, Geländer, Zaunpfählen, Telephonmasten, Holzschindeln etc. Ein Weibchen nagt ca. 25 mm in sechs Tagen; von der 9–12 mm weiten Öffnung führt der Gang zunächst bis zu 5 cm weit nach innen, bevor er im rechten Winkel 10–15 cm der Holzmaserung folgt. Von mehreren Bienen benutzte Gänge können gar bis zu drei Metern lang werden – es entsteht also nicht wenig "Sägemehl". Anfänglich eher optischer Schaden kann sich so bei massivem Befall im Laufe der Zeit zu einer ernsthaften Schädigung einer Holzpartie auswachsen. Holzbienen werden daher auch mit Gift bekämpft. Vorbeugen läßt sich dem Befall mit Lacken und Holzschutzlasuren.

Ein ganz anders Holzbienen-Problem gibt es im tropischen Amerika, speziell in Brasilien: Hier wird im nordöstlichen Bundesstatt Bahia die gelbe Maracuja (Passiflora edulis Sims f. flavicarpa Deg.) angebaut, eine – wie der lateinische Name verrät – Passionsblume, deren Früchte in Europa gerne importiert und gegessen werden. Um die semiaride Steppe landwirtschaftlich besser nutzen zu können, wird die aus trockenresistenten Gräsern, Kakteen, Dorngebüsch und wasserspeichernden Bäumen bestehende Caatinga gerodet und dann bewässert. Eigentlich steht dieser sogenannte "weiße Wald" unter Schutz, und neben den Feldern müßte zumindest ein Streifen erhalten bleiben — aber darum scheren sich die wenigsten.
    Die Folgen für die Bauern sind dramatisch: Zur Bestäubung ist die tropische Maracuja-Variante wegen ihrer gattungstypisch großen Blüten auf die größten vorkommenden Bienen angewiesen: Holzbienen, und die nisten im mürben Totholz der Caatinga. Ohne ihre Bestäubungsleistung bleibt die Ernte jämmerlich. Wenn die Bauern zum Ausgleich weiteres Buschland roden, gehen weitere Nistplätze verloren, die Ernte wird noch geringer. Längst müssen daher die Bauern selbst Hand anlegen und innerhalb weniger Stunden mühsam sämtliche Blüten in brütender Hitze bestäuben. Nur Bio-Bauern haben langfristig eine Chance, da sie auch den Holzbienen eine Chance geben.

Xylocopa Latreille 1802 nach Schwarz et al. (1996), Müller (1997), Westrich & Dathe (1997 & 1998) etc.
X. iris* (Christ 1791) X. valga Gerstaecker 1872 X. violacea (Linnaeus 1758)
*Synonyma: nach Müller et al. (1997), Westrich (1990) sowie Westrich & Dathe (1997 & 1998):
  • Xylocopa cyanescens (Christ 1791) → Xylocopa iris (Christ 1791)
  • Bestimmungsliteratur:

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