Die Keulhornbiene Ceratina cucurbitina an Echium vulgare · Bonn, 29.06.2008 |
Die Gattung Ceratina ist sozusagen ein Kosmopolit, der auf allen Kontinenten mit vielen Arten vertreten ist. In Australien kommt allerdings nur eine Keulhornbienenart vor, im deutschsprachigen Raum gibt es vier, in Deutschland drei. Charakteristisch für diese 6–10 mm langen sehr dunklen Bienen sind – neben den namengebenden kurzen keulenförmigen Fühlern – die dunklen Flügel, der fast unbehaarte metallisch dunkelgrün bis dunkelblau glänzende Körper und der nach hinten breiter werdende, plumpe Hinterleib, dem die buckeligen (an den Rändern sichtbar eingeschnürt) Segmente bzw. Tergite ein knubbeliges Aussehen verleihen. Kopfschild (Clypeus), Schultern und die Schienenbasis sind in der Regel weiß. Der nur schwache Stachel wird nie gebraucht; zwischen den Fingern geben Keulhornbienen ein gelbliches, nach Zitrone riechendes Sekret ab.
Den Pollen sammeln die Weibchen zwar auch in ihren nur spärlich entwickelten Haarbürsten (Scopae) an ihrer Hinterschiene (Tibia) und -ferse (Metatarsus), der meiste Pollen wird jedoch nicht dort transportiert, sondern im Kropf: Die Biene erntet ihn direkt von den Staubbeuteln und streift den Pollen auf ihren Vorderbeinen in einem Borstenkamm ab, der auf dem Stipes, dem "Stamm" ihres langen Rüssels, sitzt, bevor sie ihn verschluckt. Alle Arten sind polylektisch, aber oft an Natterkopf (Echium), Flockenblumen (Centaurea) und Sandglöckchen bzw. Sandrapunzel (Jasione) zu beobachten.
Keulhornbienen sind von April bis September zu beobachten, aber nur in einer Generation: Die lange Flugzeit ist durch ihren Fortpflanzungszyklus bedingt, den auch die verwandten, aber viel größeren Holzbienen (Xylocopa) zeigen: Ceratina-Männchen wie -Weibchen schlüpfen bereits im August und September und überwintern einzeln oder in Gruppen in ausgenagten markhaltigen Stengeln. Erst nach der Winterpause im späten Frühjahr erfolgt die Paarung und von Mai bis Juli der Nestbau: Die Nester werden im Mark senkrechter oder schräg stehender dürrer Pflanzenstengel etwa von Brombeeren, Rosen, Holunder, Königskerzen oder Disteln angelegt, wenn das Mark etwa an einer Bruchstelle direkt zugänglich ist. (Auch die Mauerbiene Osmia leucomelana nistet so – manchmal in unmittelbarer Nachbarschaft.) Die Brutzellen sind auf einer Strecke von häufig 25–30 cm linienförmig angeordnet und durch Zwischenwände aus abgenagtem Mark voneinander getrennt. Unklar ist, ob einige Ceratina-Arten die Brutzellen mit einem Wachs aus Drüsen zwischen ihren Sterniten auskleiden.
Der längliche aus Pollen und Nektar bestehende Proviant liegt entlang der Zellenwand, hat aber nur an einer Stelle Kontakt mit ihr und füllt fast die ganze Brutzelle aus. Mit ihrem flachen Abdomen zwängen sich die Weibchen zwischen Wandung und Proviant und legen ihr (im Verhältnis zur Körpergröße großes) Ei am hinteren Zellenende unter das Larvenfutter. Die Larven spinnen keinen Kokon, die Entwicklung ist nach 6–8 Wochen abgeschlossen.
Wenn die ersten fertigen Bienen (die Imagines) aus den zuerst angelegten Brutzellen am unteren Ende der Niströhre schlüpfen, müssen sie sich an ihren etwas jüngeren, noch nicht schlupfbereiten Geschwistern vorbei nach oben und draußen zwängen; bei anderen Gattungen (etwa Osmia) ist das bekanntlich "ordentlicher geregelt", hier schlüpfen zuerst die Drohnen hinter dem Nestverschluß. Keulhornbienen nisten zwar solitär, die Weibchen zeigen allerdings eine gewisse Fürsorge für ihren Nachwuchs, indem sie sich oft am oder im Nesteingang aufhalten und ihn bei Gefahr – etwa durch Ameisen – mit ihrem Hinterleib verschließen und mit ihrer Flugmuskulatur hohe Töne erzeugen. Ob sie auch die Brutzellen säubern, wie manche außereuropäischen Ceratina-Arten dies tun, ist noch unbekannt. Nach dem Schlüpfen der nächsten Generation im Sommer lernen die Weibchen ihren Nachwuchs noch kennen, sterben aber vor der Winterpause.
Die Verwandtschaft mit den Holzbienen ( Xylocopa) kommt in den englischen Gattungsbegriffen zum Ausdruck: Die im Vergleich riesigen Holzbienen sind "Large Carpenter Bees", die viel kleineren Keulhornbienen hingegen heißen "Small Carpenter-Bees". Die Situation der Ceratina-Arten ist unterschiedlich: Nur die kleine Ceratina cyanea erscheint aufgrund ihrer geringen Wärmeabhängigkeit ungefährdet. Überlebensnotwendig für alle Keulhornbienen sind markhaltige Stengel von Brombeere, Holunder, Distel, Königskerze etc., die nicht nach der Blühperiode oder grundsätzlich aus falscher Ordnungsliebe vernichtet werden, außerdem während ihrer langen Flug- und Nistzeit eine ununterbrochene Blühkette.
Ceratina | Länge | Farbe | Lebensräume |
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C. acuta | ?–? mm | metallisch blaugrün | ? (in Österreich) |
C. chalybea | 7–10 mm | metallisch blaugrün | wärmeliebend, daher Oberheinebene |
C. cucurbitina | 6–9 mm | glänzend schwarz | Ruderalstellen, Brachen mit Brombeer-Dickichten |
C. cyanea | 5–7 mm | metallisch blaugrün | Waldränder & -lichtungen, Brachen, Hecken |
Die folgende Tabelle sortiert die Ceratina-Arten nach Untergattungen. Falls nach der Gattung jeweils auch die Untergattung genannt werden soll, ist diese mit großem Anfangsbuchstaben und eingeklammert zu nennen. Wenn der Name der Untergattung den Gattungsnamen wiederholt, ist die Bezeichnung sensu stricto (s. str. = 'im engeren Sinne') zu verstehen. Beispiel: Ceratina (Ceratina) cucurbitina.
Die Gattung Ceratina mit zwei Untergattungen |
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Klassifikation in Anlehnung an Charles Michener (2000): The Bees of the World, S. 913 ff. John Hopkins University Press, Baltimore & London.
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Ceratina Latreille 1802 nach Schwarz et al. (1996), Müller (1997), Westrich & Dathe (1997 & 1998) etc. | ||
C. acuta Friese 1896 C. chalybea Chevrier 1872 |
C. cucurbitina (Rossi 1792) C. cyanea (Kirby 1802) |
4 Arten |
*Synonyma: nach Müller et al. (1997), Westrich (1990) sowie Westrich & Dathe (1997 & 1998): | ||
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