Die aus Sicht des Autors wichtigsten und interessantesten Bienen-Bücher werden hier in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt und besprochen. Die genauen Literaturabgaben befinden sich auf den Seiten zur Wildbienen-Literatur.
Bienenkunde vom Feinsten: Was der im schweizerischen Solothurn arbeitende Lehrer Felix Amiet 1996 mit einem ersten, noch dünnen Band zu Honigbienen und Hummeln begann, setzte er in den Folgejahren in einem Autorenteam fort und konnte zusammen mit Mike Herrmann (seit Band 3), Andreas Müller & Rainer Neumeyer 2007 den fünften Apidae-Band fertigstellen (den 20. der Reihe FAUNA HELVETICA).
Bestellbar sind die Bände beim Centre Suisse de Cartographie de la Faune (CSCF / SZKF: Max-Meuron 6, CH-2000 Neuchâtel, Fon: 032 725 72 57, Fax : 032 725 70 29): Publikationen > Webshop. Falls der Bezug der Bücher aus der Schweiz, einer Nicht-€-Zone, ein Problem ist, lassen sie sich aber – ebenso wie einige andere dieser Seite – auch bequem z. B. in Fockenbergs Bienenshop bestellen. |
Werner David, begeisterter Wildbienenfreund und -experte, Fotograf und Praktiker mit jahrelanger Erfahrung, ist Naturfreunden bestens bekannt: Mit seinem Büchlein Lebensraum Totholz Gestaltung und Naturschutz im Garten erklärte er z. B. 2010 die Bedeutung von Totholz im Ökosystem Garten. Sechs Jahre später nun folgt ein Leitfaden für den Bau und Einsatz von Nisthilfen für Solitärbienen.
Das praxisorientierte Werk empfiehlt sich für alle Naturfreunde, die im Garten oder auf dem Balkon Solitärbienen ansiedeln und beobachten möchten, also auch für den Biologie-Unterricht. Format: außen 16,3 x 22,5 cm, 160 Seiten, Pala-Verlag, Preis: 18 €. |
Eine 921 Seiten dicke Universitäts-"Schwarte" für Insektenliebhaber? Das von den Professoren Dr. Konrad Dettner und Dr. Werner Peters im Verlag Gustav Fischer herausgegebene Lehrbuch füllte 1999 eine Lücke, die ein Vierteljahrhundert lang Fachleute, Stundenten und Freunde der Insektenkunde ohne großes deutschsprachiges Standardwerk hatte auskommen lassen. "21 Fachwissenschaftler haben dazu beigetragen, daß Studenten, Entomologen und Insektenliebhaber alles über die neuesten Forschungsergebnisse zu folgenden Themen erfahren können:
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Ein neues, praktisches Bienen-Taschenbuch in Englisch: der Field Guide to the BUMBLEBEES of Great Britain and Ireland der Hummelexperten Mike Edwards & Martin Jenner. Nach einer kurzen Einführung in Zweck und Benutzung des Büchleins, wissenschaftliche Namen und Taxonomie gehen die Autoren auf die Biologie der Hummeln ein: Lebenszyklus, Kuckuckshummeln, Verbreitung und Status, Nahrungsansprüche, Schutzmaßnahmen. Umfangreiche Bestimmungshilfen folgen im dritten Kapitel und eine Bestimmungstabelle im vierten. Auf 45 Seiten werden dann 22 Arten mit Farbfotos und sehr aussagekräftigen knappen Texten und Symbolen vorgestellt. Hinweise zu hummelfreundlicher Gartengestaltung, eine Namenstabelle, Adressen und Literatur runden den sorgfältig produzierten, verständlich geschriebenen und preiswerten Feldführer ab. Wer vom Wissen und Erfahrungsschatz der britischen Autoren profitieren möchte, braucht nur ausreichende Englisch-Kenntnisse. Um diese zu testen, kann er bzw. sie sich an der Inhaltsliste auf der Buchrückseite versuchen:
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Steven Falk ist auch deutschsprachigen Bienenfreunden wohlbekannt, greifen sie doch gerne auf seine flickr-Bilder-Galerie zurück, wenn es gilt, eine Bienenart zu bestimmen. Nun ist der Wissens- und Erfahrungsschatz dieses Experten in der Reihe British Wildlife Field Guides auch als Buch erhältlich, und auch dieses bietet auf 432 Seiten über 700 aussagekräftige Fotos meist beider Geschlechter, selten genadelter Exemplare, manchmal arttypischer Körperdetails. Von hoher Qualität und Eignung sind die über 1.000 Farb- und SW-Illustrationen von Richard Lewington zu allen Bienen-Gattungen und zudem übersichtlich auf 20 Farbtafeln. Ebenso wertvoll sind die ausführlichen Steckbriefe zu allen 275 britischen und irischen Arten. Der des Englischen kundige Leser erfährt in einem Dutzend Kapiteln praktisch alles, was man über Bienen wissen kann und sollte:
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Das Biologiezentrum Linz der Oberösterreichischen Landesmuseen ist auch international für seine Veröffentlichungen bekannt; neben Katalogen, Sonderpublikationen und Programmheften sind vor allem die Linzer biologischen Beiträge (LBB) für Entomologen interessant: 1969 unter dem Namen "Mitteilungen der botanischen Arbeitsgemeinschaft am OÖ. Landesmuseum Linz" gegründet, erscheinen sie seit 1975 (7. Jahrgang) unter ihrem aktuellen, kürzeren Titel. Die veröffentlichten Arbeiten richten sich keineswegs nur an Fachleute, sondern auch an biologisch interessierte Laien. Ein gutes Beispiel ist der 2010 herausgegebene 38 Seiten starke Bestimmungsschlüssel für die Hummelarten des deutschsprachigen Raumes: Er setzt nicht auf schwerverständliche Texte oder Fotos (die ja nie alle relevanten Merkmale gleichzeitig zeigen), sondern konsequent auf vereinfachte farbige Grafiken (Piktogramme, Cliparts), die die farblichen Unterschiede überdeutlich hervorheben, sowie fünf "dichotome" Schlüssel – also Bestimmungsanleitungen, die Schritt für Schritt jeweils (in der Regel) zwei Alternativen zur Entscheidung anbieten. Dies sind die Hauptkapitel:
Im Mai 2017 erscheint als Nachfolger unter dem Titel Feldbestimmungsschlüssel für die Hummeln Österreichs, Deutschlands und der Schweiz ein 56seitiges Taschenbuch im Verlag Quelle & Meyer (Preis: 7,95 €). |
Ein Klassiker unter den Bienenbüchern sind sicherlich die Hummeln des Biologen und vielfachen Preisträgers Eberhard von Hagen. Waren frühere Auflagen noch als Neumann-Neudamm-Naturführer erschienen, so stammt die fünfte von 2003 mit Ambros Aichhorn als Co-Autor aus dem Fauna-Verlag. Der Aufbau des jetzt 328 Seiten starken Büchlein ist im Prinzip über die Jahre der gleiche geblieben: Zu Beginn beschreiben kurze Kapitel Vorkommen und Verbreitung, Unterscheidung und Verhalten der Arten, die Entwicklung eines Volkes, "physiologische Vorgänge" (Temperaturregelung), Pflanzenbestäubung und wirtschaftliche Bedeutung (ca. 50 Seiten); dann stellt das Buch ausführlich die diversen Hummelkästen und Ansiedlungsmethoden vor (ca. 30 Seiten) und erklärt anschließend die Überwinterung und Rückkehr der Jungköniginnen und die verschiedenen Gefährdungsursachen (gut 40 Seiten), um dann ausführlich auf Schutzmaßnahmen und die "Kontrollierte Haltung und Vermehrung von Hummeln" einzugehen. Nun folgen die für viele Hummelfreunde wertvollsten Teile: Auf 19 (!) Farbtafeln visualisieren Farbzeichnungen die Königinnen, Arbeiterinnen und Drohnen der meisten Hummelarten, bevor ein 66 Seiten langer Portraitteil 33 Arten mit Texten und je zwei Farbfotos vorstellt. Es folgen ein weitere Seite zum Hummelschutz, ein Bestimmungschlüssel, eine Verbreitungstabelle, einige Glossare, Quellen, Literatur etc. Ein Mangel des Büchleins läßt sich aus dieser Beschreibung schon herauslesen: Es ist nicht stringent und übersichtlich strukturiert, sondern in 32 Hauptkapiteln eher sprunghaft mit anekdotischen Überlängen – jeweils der Eingebung des Autors folgend. Die Taxonomie geht nicht von einer einzigen Gattung Bombus aus, sondern einer Vielzahl heute unüblicher Kleingattungen, die nicht begründet werden und das Finden einer Art erschweren. Die Aussagen zu den Artenportraits sind nicht zuverlässig, weil nicht wissenschaftlich belegt. Die Überarbeitung und Erweiterung der aktuellen 5. Auflage produzierte zudem zahlreiche falsche Seitenangaben, und einige Ergänzungen überraschen gar mit der von den Kultusministern erzwungenen Schulschreibung statt der sonst verwendeten bewährten Rechtschreibung. Es wäre schön, wenn Autoren und Verlag die vielen Hummelfreunde mit einer gestrafften, aktualisierten und fehlerfreien Auflage überraschten. Die lange erwartete, um 33 Seiten erweiterte 6. Auflage erscheint schließlich Ende 2014 – leider nicht alphabetisch und mit vielen fehlenden Seitenzahlen. |
In seinem weltweit anerkannten Standardwerk präsentiert Charles D. Michener die Bienenfauna der Welt: eine Insektengruppe, die mehr als 17.000 Arten in 1.200 Gattungen und Untergattungen umfaßt. Sieben Jahre nach der Erstauflage bietet die zweite Auflage viele neue Fakten, Neuklassifizierungen und Revisionen und stellt auf neuen Bildtafeln auch fossile Bienenarten vor. Zu Beginn werden die Evolution der Bienen und ihre Co-Evolution mit den Blütenpflanzen, die Klassifizierung der vielen Bienenfamilien, das Nistverhalten, die Unterschiede zwischen solitären und solialen Arten und die Anatomie erläutert; dabei gewinnt der Leser auch ein Bild der durch Fossilfunde rekonstruierten Urbiene. Michener unterstreicht den anhaltenden Forschungsbedarf sowohl zur Taxonomie als auch zur Bedeutung der Bienen für die natürliche Vegetation und die Landwirtschaft. Der Hauptteil des Werkes des 953 Seiten langen Werkes liefert wichtige Erkenntnisse zur Systematik mit Bestimmungsschlüsseln bis hinunter zu den Untergattungen. Zu allen Gattungen und Untergattungen finden sich Angaben zur Verbreitung und Artenzahl, zum Nestbauverhalten und Blütenbesuch und weiteren nennenswerten Details. Mehr als 500 Zeichnungen und Fotografien (einschließlich solcher auf Farbtafeln) illustrieren Verhalten, Körpermerkmale und Ökologie. Die Anschaffung des Buches ist nicht billig, lohnt sich aber für Biologen und ernsthaft interessierte Laien, die mit der englischen Sprache vertraut sind. |
Das preiswerte Büchlein von Andreas Amiet, Albert Krebs und Felix Amiet ist eine hervorragende Einführung in die Gattungen und Lebensweise der mitteleuropäischen Bienen, das sich auch gut als Exkursionsführer eignet, der durch seine Kompaktheit in jeder (Foto-) Tasche Platz findet. Zwei die Autoren sind dem Leser dieser Seite keine Unbekannten, denn sie haben die Apidae-Bände verfaßt. Im April 2012 allerdings haben Felix Amiet & Albert Krebs im Haupt-Verlag einen überarbeiteten Nachfolger des Büchleins auf den Markt gebracht: Die Bienen Mitteleuropas: Gattungen, Lebensweise, Beobachtung sind u. a. taxonomisch aktualisiert, in einem größeren Format (14,5 x 21 cm) neu designt und mit zusätzlichen Fotos ausgestattet. Der Preis ist mit 39,90 € nicht gerade günstig, dennoch lohnt sich die Anschaffung zumindest für alle, die den Vorgänger nicht besitzen. |
Das Institut royal des Sciences naturelles de Belgique in Brüssel gibt französischsprachigen Entomologen und Naturschützern mit den Bienen Belgiens und benachbarter Regionen · Familie Halictidae (ISBN: 978-9-0732-4244-9) ein ungewöhnlich ausführliches Werk an die Hand, das auf 518 Seiten einen dichotomen Bestimmungsschlüssel der 84 belgischen Arten der Halictidae und über 1200 fast ausschließlich farbige Fotos von präparierten Exemplaren präsentiert. Detailliert beschrieben werden zudem die Habitate und Ökologie (Verbreitungskarten, Biotope, Flugzeiten, besammelte Pflanzen, Sozialverhalten, Nestbau, Gefährdungsstatus & -möglichkeiten) dieser artenreichen Familie. Das Sommaire:
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Das lange herbeigesehnte niederländische Standardwerk zu allen niederländischen Bienenarten konnte 2012 fertiggestellt werden. Theo M. J. Peeters und elf weitere Experten schufen ein 544 Seiten starkes Monumentalwerk im DIN-A4-Format, das alle Aspekte des Themas Bienen umfaßt. Mit nur wenig Mühe verstehen auch deutsche Leser diese Kapitelüberschriften:
Zur Besprechung aller in unserem Nachbarland vorkommenden Gattungen und Arten gehören für jede Art eine Nachweiskarte mit Unterteilung in drei Zeiträume (1970, 1970–1989 und 1990–2011), Flugzeitdiagramme für beide Geschlechter und Angaben zu Verbreitung, Habitat und Lebensweise. Die Fotos sind von überdurchschnittlicher Qualität – aber es gibt sie leider nicht von allen Arten: Zugunsten eines günstigen Preises (55 €) wurde hier eine Chance vertan. Dennoch: sehr empfehlenswert. |
Daß wichtige wissenschaftliche Literatur selbst von deutschen Muttersprachlern in Englisch veröffentlicht wird, ist heutzutage nicht ungewöhnlich. Friedrich Ruttner hatte als Ergebnis von Wochenendseminaren in Österreich und Deutschland bereits das Büchlein Breeding Techniques and Selection for Breeding of the Honeybee veröffentlicht, das sich mit der Reinzucht der beliebten carnica-Rasse und ihrer Unterscheidung von den einheimischen, aber stark hybridisierten "Landbienen"-Völkern befaßt. Dieser an das kühlere europäische Klima bestens angepaßten ursprünglichen Form, der Nominatrasse Apis mellifera mellifera bzw. "Dunklen Europäischen Honigbiene", ist der vorliegende Band gewidmet. Die Ergebnisse lassen in fünf Feststellungen zusammenfassen:
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Diese französische Neuerscheinung kommt aus Belgien: Nicolas Vereecken ist ingenieur en science agronomiques, docteur en sciences biologiques et professeur d'agroécologie à l'Université libre de Bruxelles – und in der internationalen "Bienenszene" eine anerkannte Größe. Der Herausgeber bewirbt auf dem hinteren Buchdeckel das Anliegen des Autors: «Or, ces insectes ausi discrets que diversifiés – plus de 20000 espèces au niveau mondial et pas loin de 1000 en France – figurent au premier plan parmi les pollinisateurs. Mais qui sont les abeilles sauvages? Comment vivent-elles? Où les trouver? Comment les observer? Les reconnaître? Et comment les aider?«
Das dritte Kapitel endet mit zwei interessanten Abschnitten: «Des ruches pour sauver les abeilles... une fausse bonne idée?» geht auf das leidige Thema der Honigbienenhaltung ein, also deren schädliche Auswirkungen auf die Wildbienenfauna. Im «suivi participatif et science citoyenne» beleuchtet der Autor die Verdienste und Möglichkeiten, aber auch Risiken der Hobby-Entomologie. Wie in praktisch jedem Buch wird der aufmerksame Leser auch hier etwas zu "meckern" finden. So zeigt der Autor von der Trauerbienenart Melecta albifrons ein kleines Foto des Weibchen und ein wunderschönes großes Foto eines schlafenden schneeweiß behaarten Männchens, das sehr an Melecta-luctuosa erinnert. Des Rätsels Lösung: Das Männchen gehört zur Unterart Melecta albifrons albovaria, die im südlichen, mediterranen Raum verbreitet ist – was eine Erwähnung wert (gewesen) wäre. Den positiven Gesamteindruck beschädigt das nicht. Französisch wird im deutschsprachigen Raum meist nur als zweite Fremdsprache gelernt, deshalb dürfte Vereeckens Wildbienenbuch trotz seiner hervorragenden Fotos bei uns zunächst geringere Verbreitung finden als deutsche und englische Werke. Wer allerdings Französisch gelernt hat, bekommt hier eine ebenso lehrreiche wie kurzweilige Möglichkeit, nebenbei seine Sprachkenntnisse aufzufrischen: Es lohnt sich! Wer diese Nachbarsprache nicht beherrscht, hat dennoch Glück: Das Buch ist seit 7.5.2019 auch in Deutsch erhältlich: Nicolas Vereecken (2019): Wildbienen entdecken & schützen. blv-Verlag, München. |
Diese Neuerscheinung aus der Schweiz bearbeitet ein doppelt aktuelles Thema: Zum einen bieten unsere Städte mit ihren Parkanlagen und Gärten, Brachflächen, Böschungen oder alten Gebäudemauern vielen Wildbienenarten längst vielfältigere und sicherere Lebensräume als die von der modernen Agrarwirtschaft geprägte Landschaft außerhalb; zum anderen möchten gerade Städter wissen, wie sie die Natur erhalten können, die in ihrem Umfeld noch vorhanden ist bzw. hier Zuflucht sucht, und der Umweltpädagogik fehlte bislang ein entsprechener Leitfaden.
Dieser Ratgeber empfiehlt sich für die Vorschul-, Schul- und Erwachsenenpädagogik gleichermaßen und auch in die Hände privater wie behördlicher Naturschützer und aller Menschen, die am Schutz unserer Bienen ein Interesse haben. Zwar ist auch er nicht völlig fehlerfrei (eine kommunale Lebensweise gibt es außer bei Sandbienen zumindest auch bei zwei Zottelbienen), seine eigentliche Schwachstelle aber sind nicht die Texte, sondern die Fotos: Wer die aktuelle Natur- und Bienenliteratur auf dem Büchermarkt kennt, hat viele der Bienenportraits schon in deutlich besserer Qualität gesehen – nicht wenige der Aufnahmen würden in einem engeren Ausschnitt mehr Details erkennen lassen und so viel besser wirken und uns die Protagonisten des Buches im Wortsinne näherbringen. Vielleicht läßt sich das in der nächsten, verbesserten Auflage realisieren, die dem Buch sehr zu wünschen ist. |
Der bekannteste deutsche Bienenforscher ist zweifellos Paul Westrich, und sein bekanntestes Buch ist das zweibändige Standardwerk Die Wildbienen Baden-Württembergs, das leider nur zwei Auflagen erleben durfte und auf dem antiquarischen Markt heißbegehrt ist bzw. war. Die beiden Bände bieten mit ihrem schier unglaublichen Informationsgehalt, 496 Farbfotos und 396 Verbreitungskarten fast alles, was sich Bienenfreunde bis zu ihrer Veröffentlichung erträumen konnten:
Der 431 Seiten lange 1. Band enthält den allgemeinen Teil: eine wissenschaftlich genaue Beschreibung zuerst des Untersuchungsgebietes, dann der vielen verschiedenartigen Lebensräume der Wildbienen und dann im dritten Kapitel der Lebensweise von 42 Gattungen und sogar einzelner Arten. Das vierte Kapitel stellt die Nutznießer und Gegenspieler der Bienen vor, das fünfte ihre für Laien überraschende Beziehung zu den Blüten. Das sechste Kapitel befaßt sich mit der Gefährdung der Wildbienen und das siebte schließlich mit geeigneten Schutzmaßnahmen.
Der 972 Seiten lange 2. Band beginnt mit der Stellung der Bienen unter den Hautflüglern (Kapitel 8), ihrem Körperbau (9), der Systematik, Taxonomie und Nomenklatur (10), Methoden (11) und der Erforschung der Bienenfauna Baden-Württembergs (12). Dann kommen in Kapitel 13 auf 430 Seiten die Steckbriefe der bis zur Veröffentlichung bekannten deutschen Bienenfauna, leserfreundlich alphabetisch geordnet nach ihren Gattungen und innerhalb dieser nach Arten.
Wer sich einige Zeit mit dem Werk Westrichs beschäftigt hat, mag kaum glauben, welch ungeheures Wissen ein einzelner Wissenschaftler in jahrelanger Arbeit zusammenzutragen imstande ist. Auch erstaunt bei der Lektüre, wie gut wissenschaftlich Präzision und sachliche Formulierung mit allgemeinverständlichem Ausdruck vereinbar sind; und das Glück wollte es, daß der Autor auch als Fotograf zu glänzen vermag. So ist es kein Wunder, welch großes Interesse an den Wildbienen und ihrem Schutz dieses Werk auch unter Naturschützern und Laien seit den neunziger Jahren auslöst – auch diese Website wäre ohne dieses Buch nie begonnen worden. Eigentlich gehört es in jede Schul-, Universitäts- und Stadtbibliothek – und in jedes mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen befaßte Ministerium und Verwaltungsressort.
Wer von einem Werk derart verwöhnt wird, wird irgendwann übermütig in seinem Wünschen: Die Berücksichtigung aller Bienen Deutschlands, eine genaue Beschreibung, wie sie Amiet liefert, und gar ein Foto jeder Bienenart würden das Glück des Bienenfreundes perfekt machen – und vermutlich ein öffentlich gefördertes Budget sprengen. Hinzu kommt, daß auch (und erst recht) nach den Wildbienen Baden-Württembergs Forschung und Erkenntnis weitergingen, wodurch einige Angaben heute veraltet sind: Aus der bekannten Roten Mauerbiene, Osmia rufa, etwa wurde Osmia bicornis, die Frühjahrs-Pelzbiene Anthophora avervorum trägt nun das Art-Epitheton plumipes, und die Efeu-Seidenbiene sucht man in dem zweibändigen Werk vergebens. Sie wurde in der Zwischenzeit entdeckt und genauestens untersucht, ihr vollständiger wissenschaftlicher Name lautet nicht zufällig Colletes hederae Schmidt & Westrich, 1993. Was lag also näher, als sich von dem rührigen Wissenschaftler ein neues Bienenbuch zu wünschen? Wie man einige Zeit lang hörte, war es genau dieses Projekt, das Dr. Westrich in seiner spärlichen Freizeit vorantrieb, während er gleichzeitig in seiner (Online-) Zeitschrift Eucera über neue entomologische Erkenntnisse informierte. 2018 war es dann soweit: Westrich legte Die Wildbienen Deutschlands vor.
Ein Wunsch geht in Erfüllung: Das Buch, das Paul Westrich Anfang Juni 2011 veröffentlicht, ist zwar noch nicht die große wissenschaftliche Monografie, die den aktuellen Kenntnisstand über die heimischen Wildbienen dokumentiert, aber deshalb für den entomologischen Laien umso wertvoller: Es führt auf 168 Seiten und mit 479 oft ungewöhnlichen Farbabbildungen in unsere (ebenso wichtige wie gefährdete) Wildbienenfauna ein. Von den mehr als 550 heimischen Arten werden allein 92 in Farbfotos dargestellt, und viele weitere, ungewöhnliche Aufnahmen dokumentieren, wie und mit welchen Materialien Wildbienen ihre Nester bauen und wie vielfältig ihre Beziehungen zur Pflanzenwelt sind. Die gut verständlichen Texte erläutern, welche Wildbienen man im Garten, auf Balkon oder Terrasse mit Nisthilfen erfolgreich ansiedeln kann, wie man sie mit welchen Blütenpflanzen anlocken und fördern und welche spannenden Beobachtungen man dabei machen kann. Hier die wichtigsten Aspekte des Werks:
Das populärwissenschaftliche Werk (Format: 21,5 x 21,3 cm, Pfeil-Verlag) empfiehlt sich für alle Natur- & Bienenfreunde, die wissen möchten, was an und in ihren Nisthilfen geschieht und wer in ihrem (Natur-) Garten fliegt, sammelt und nistet, und ebenso für den Biologie-Unterricht an unseren Schulen. Dank des moderaten Preises von 19,80 € wurde schließlich die 5. Auflage verkauft, die mittlerweile vergriffen ist. Eine erweiterte und aktualisierte Neuauflage mit 120 Artenportraits und 653 Fotos auf 208 Seiten erscheint am 26. September 2024 zum Preis von 30 € im Ulmer-Verlag. |
2018 hatte das lange Warten ein Ende: Fast drei Jahrzehnte nach Paul Westrichs zweibändigen Wildbienen Baden-Württembergs publizierte der Ulmer-Verlag sein neues, monumentales Standardwerk (19,7 x 27 cm, 3,1 kg), das mit 824 Seiten, 1700 Farbfotos, 17 Zeichnungen und 14 Tabellen alles präsentiert, was Biologen und Naturschützer, Umweltpolitiker, Behörden und interessierte Bürger über Wildbienen wissen wollen – und sollten. Der renommierte Wissenschaftler und Autor beschreibt anschaulich und detailliert die Lebensräume, Nestbau und Brutfürsorge der Bienen, ihre Nutznießer und Gegenspieler sowie die Abhängigkeiten zwischen Bienen und Blüten. 565 Steckbriefe informieren über Verbreitung, Biologie und Flugzeit der heimischen Arten, und über 420 davon sind in überwältigend guten Lebendfotos und mit Merkmalen zur Feldbestimmung dargestellt. Auch die Gefährdung dieser Insektengruppe und Möglichkeiten ihres Schutzes werden erörtert. Die Struktur des Buches folgt weitgehend seinem zweibändigen Vorgänger:
Die 1. Auflage war bald ausverkauft, was trotz des Preises von 99 € kaum jemanden verwundern konnte, bereits im September 2019 erscheint die auf 180 Seiten überarbeitete 2. Auflage. Es ist aber nicht der Umfang oder kommerzielle Erfolg, der das Werk aus der mittlerweile beachtlichen Menge deutscher und auch ausländischer Bienenliteratur heraushebt: Es ist populärwissenschaftlich im besten Sinne des Wortes, es vermittelt Wissen über Bienen in unübertroffener Ausführlichkeit und bereitet zugleich Lesevergnügen und beeindruckt Laien wie Experten als "Bilderbuch": Basierend auf der Auswertung von über 3000 wissenschaftlichen Publikationen wie auch seiner lebenslangen Forschung vermittelt Westrich den aktuellen Forschungsstand und beherrscht dabei die Deutsche Sprache ebenso meisterhaft wie seine Kamera. Daß er durch und durch Wissenschaftler ist, beweist seine Nomenklatur der Bienenarten und -gattungen: Während viele Biologen bzw. Taxonomen sich aus Korpsgeist gerne neuen nomenklatorischen Trends vor allem der angelsächsischen Biologie anpassen oder enthusiastisch das Barcoding nicht nur zur Artbestimmung, sondern auch zur Festlegung des Artstatus verwenden, verläßt sich Westrich auf sein eigenes, stets begründetes Urteil. So trennt er etwa als Befürworter von Großgattungen (lumper) Hoplitis nicht von Osmia, behandelt aber Chelostoma und Heriades als eigene Gattungen. Eine Liste der Synonyme präsentiert alle Taxa alphabetisch, so daß jeder Leser alle Arten schnell findet. |
Die Neuerscheinung des Jahres 2017 entstand im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung der Initiative MUTTER ERDE, eines Zusammenschlusses des Österreichischen Rundfunks (ORF) mit einer Reihe namhafter Umwelt- und Naturschutzorganisationen. Der Begriff "Wilde Bienen" ist zwar heute ungebräuchlich und mag den Leser irritieren – von einigen Imkern abgesehen dürfte aber jeder Bienenfreund wissen, daß nicht ausgebüxte oder wildgewordene Honigbienen gemeint sind, sondern (nicht-domestizierte) Wildbienen, von denen in Österreich bisher 696 Arten nachgewiesen sind: viel mehr als in Deutschland! Das weckt Neugier, die der Autor in zahlreichen Artenportraits sachkundig befriedigt, obwohl er bescheiden anmerkt: "Das Buch ist kein Bestimmungsbuch, sondern ein Bildband über die heimischen Wildbienen." Der ist mit 1190 Farbfotos – auf fast jeder der 376 Seiten (21 x 27 cm) – ungewöhnlich prächtig illustriert. Mit seinem Untertitel Biologie – Lebensraumdynamik am Beispiel Österreich – Artenporträts verspricht (und hält!) das Buch jedoch sehr viel mehr – in 12 Kapiteln vermittelt es umfassendes Wildbienen-Wissen:
Neben wichtigen Aspekten über die Biologie der Bienen geht das Werk ausführlich auf ihre Lebensräume, ihre Gefährdung und ihren Schutz ein. Dabei spart der Autor nicht mit Kritik an einem Agrar-Umweltprogramm ("ÖPUL"), "da die Ansprüche dieser Tiergruppe [...] kaum beachtet wurden", und kritisiert zu Recht die nur scheinbar bienenfreundliche Bepflanzung von Verkehrsinseln oder Straßenrändern. Wie wenig (auch staatlichen) Schutz unsere Bienen genießen, beweist ein Zitat aus der Zeitschrift Die Landwirtschaft: "Aus ungedüngten Wiesen werden schnell Blumenwiesen – mit unrentablen Unkräutern, Gift und Wildpflanzen. Und solche Flächen laufen Gefahr, unter Naturschutz gestellt zu werden." Die empfohlenen Maßnahmen zur "Verbesserung des Nistplatzangebots" berücksichtigen die Ansprüche aller Bienengattungen, beschränken sich also nicht auf die bekannten (oft mangelhaften) "Insektenhotels". Nach der Lektüre des Abschnitts "Karls Garten oder / Das perfekte Bienenhabitat" sollte jeder Gartenfreund zum enthusiastischen Bienenfreund mutieren! Auch ohne diese Texte hätten aber die faszinierenden Fotos und der günstige Preis (29,10 €) eine Kaufempfehlung begründet! |
Seit Paul Westrich 1989 sein umfangreiches, zweibändiges Standardwerk (siehe oben) über Biologie, Schutz und Artenvielfalt unserer Wildbienen veröffentlichte, hat eine große Zahl weiterer Studien Ergebnisse geliefert, die für den Schutz der Wildbienenfauna relevant sind. 23 Jahre später präsentieren nun zwei schweizerische Bienen-Experten eine 164seitige Literaturarbeit, die den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zusammenfaßt. Alle Kapitel bestehen einheitlich aus vier Abschnitten: Hintergrund, Wissenschaftliche Erkenntnisse, Schutzmaßnahmen und Forschungsbedarf, und der zweite Abschnitt ist jeweils weiter untergliedert. Zahlreiche Diagramme und Tabellen untermauern die Aussagen. In der Einleitung erläutern die Autoren die Abhängigkeit unserer Bienen von zwei Hauptressourcen, nämlich geeigneten Niststrukturen und Pollen- und Nektarquellen zur Versorgung der Larven. Im zweiten Kapitel stellen sie wichtige Blütenpflanzen für gefährdete oligolektische und polylektische Wildbienen vor – auch exotische Zierpflanzen – und beleuchten exemplarisch die Blütenpräferenzen der Nahrungsgeneralisten unter den Bienen; zwei lange Pflanzenlisten ergänzen das zweite Kapitel. Das dritte Kapitel befaßt sich mit dem quantitativen Blütenbedarf. Broschüren und Faltblätter zum Bienenschutz gibt es schon seit Jahrzehnten, und viele legen den Schwerpunkt auf Nisthilfen, die man selbst herstellen oder kaufen kann, und nennen oft auch wichtige Futterpflanzen. Das vorliegende Werk bietet deutlich mehr: Es wird seinem Titel gerecht, denn es stellt den so nötigen Wildbienenschutz konsequent auf eine umfassende wissenschaftliche Grundlage und leitet aus gesicherten Erkenntnissen alle notwendigen Schutzmaßnahmen ab. Diese könnten an einigen Stellen etwas konkreter sein, um z. B. den Begriff der Kleinräumigkeit auch Laien verständlicher zu machen. Für einen naturverbundenen Gartenbesitzer und Bienenfreund mag das Buch "nur" (allerdings sehr empfehlenswerter) Luxus sein – für Behörden, Bio-Stationen, Planungsbüros etc. ist es eine Notwendigkeit. |
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Literatur | keine weitere Literatur | WB-Verweise (HyperLinks) |