Die über 575 Bienenarten, die allein in Deutschland vorkommen, weisen in ihrem Erscheinungsbild teils große Unterschiede auf, teils sind sie einander sehr ähnlich. Um sie anhand äußerer Merkmale unterscheiden und die einschlägige Bestimmungsliteratur verstehen zu können, ist eine grundlegende Kenntnis ihres Körperbaus erforderlich. Diese Seite befaßt sich daher mit der Anatomie der Bienen, genauer: ihrer sichtbaren, äußeren Gestalt (Morphologie). Wildbienen sind Insekten, also 'Kerbtiere', deren drei Hauptabschnitte deutlich durch "Einkerbungen" voneinander getrennt sind: Kopf mit zwei Antennen, Bruststück (Thorax bzw. Mesosoma) und Hinterleib (Abdomen bzw. Metasoma). Hinzu kommen die Flügel und Beine zur Fortbewegung.
Kopf Caput
Der Kopf läßt sich untergliedern in den Scheitel (Vertex, Oberkopf zwischen und hinter den Augen), die Stirn (Frons), darunter, zwischen den Antennen das Stirnschildchen und schließlich dort, wo bei einem Säugetier die Nase sitzt, den breiten Kopfschild (Clypeus), der bei Männchen (Foto rechts: Anthophora plumipes) oft sehr ausgeprägt ist. Die Bereiche zwischen Stirnschildchen und Clypeus in der Mitte des Gesichts und den Augen außen wird auch "Nebengesicht" genannt. Außen hinter den Facettenaugen befinden sich die schmalen Wangenstreifen (Genae), innen neben den Facettenaugen haben die Weibchen vieler Arten (vor allem der Gattung Andrena) je eine behaarte flache Grube, die sogenannte Fovea facialis. Seitlich, oben, vorn und unten besitzt der Kopf drei wichtige Organe:
- Augen: Anders als der Mensch mit seinen beiden Linsenaugen haben Bienen und andere Insekten zwei ganz anders aufgebaute Augentypen:
- Besonders auffällig sind die großen Komplex- bzw. Facettenaugen (oculi compositi) auf beiden Seiten des Bienenkopfes: zwei stark gewölbte Sehorgane etwa in Form halbierter Ellipsoide mit schillernder, gerasterter Oberfläche. Im Querschnitt würde man bis zu 5.000 Einzelaugen (Ommatidien) erkennen, die aufgrund ihrer annähernd radialen Anordnung jeweils in eine etwas andere Richtung blicken. Aufgrund ihrer seitlichen Plazierung ermöglichen Komplexaugen einen weiten Rundumblick (ca. 300°), aber kein räumliches Sehen; und sie sind starr mit der Kopfkapsel verbunden. Die räumliche Auflösung des Komplexauges ist durch die Anzahl der (nicht fokussierbaren) Ommatidien bzw. Bildpunkte begrenzt, die zeitliche Auflösung jedoch mit ca. 220 Hertz sehr hoch, weshalb Bienen viel schneller reagieren können als wir Menschen.
Wir Menschen haben zum Vergleich zwei Linsenaugen mit einem Sichtfeld von nur ca. 180°, können diese aber in verschiedene Richtungen bewegen. Die räumliche Auflösung unserer fokussierbaren Linsenaugen ist viel höher als die eines Komplexauges; die zeitliche Auflösung unserer Augen jedoch mit 60 Hz deutlich kleiner.
- Oberhalb dieser großen Augen liegen weiter hinten auf dem Scheitel noch drei kleine Stirn- bzw. Punktaugen (Ocellen bzw. Ocelli). Sie sind in einer Linie oder einem Dreieck angeordnet und dienen offenbar der Navigation und Erhaltung des Gleichgewichts, vermutlich auch der Lichtstärkemessung zur Steuerung der Inneren Uhr.
- Fühler bzw. Antennen: Zwischen den Facettenaugen und vor den Punktaugen befinden sich zwei Fühler (Antennen), die bei Weibchen aus 12 und bei den Männchen in der Regel aus 13 Gliedern bestehen. Zu unterscheiden sind der Schaft (Scapus) und die mehrgliedrige Geißel (Flagellum) mit dem "Wendeglied" (Pedicellus) und den übrigen Geißelgliedern (Flagellomeren):
- Der lange Fühlerschaft (Scapus, 1) besitzt Muskulatur, die ihn mit dem "Wendeglied" (Pedicellus, 2) verbindet.
- Die Geißel (Flagellum, 2–13) beginnt mit dem Wendeglied (Pedicellus, 2); dieses sitzt auf dem Schaft und ist sehr kurz und daher leicht beim Zählen zu übersehen, ermöglicht aber das typische Abknicken der Geißel, die zwar biegsam, aber nur als ganzes über ihr erstes (basales) Glied beweglich ist. Die übrigen Geißelglieder (die Flagellomeren, 3–13) sind ohne Muskulatur und – anders als in der Abbildung dargestellt – bei den verschiedenen Arten (und teilweise auch bei den Geschlechtern) unterschiedlich lang und können daher die Artbestimmung ermöglichen, wenn z. B. eine Lupe zur Hand ist.
Die Fühler sind meist so lang wie der Kopf, erreichen aber bei den Männchen einiger Arten – nämlich der Langhornbienen (Eucera spec.) – auch Körperlänge.
- Mundwerkzeuge: In Anlehnung an die Mundwerkzeuge der Wirbeltiere unterscheidet man fünf Strukturen:
- Unter dem Kopfschild (Clypeus) schließt sich die Oberlippe (Labrum) an: eine unbewegliche Platte, deren Basis durch den Clypeus verdeckt wird und deren äußerer, sichtbarer Teil balken- bis halbscheibenförmig erscheint. Das Labrum verhindert, daß aufgenommene Nahrung aus dem Mund fällt.
- Die Oberkiefer (Mandibeln) sind zwei leicht gebogene Zangen, die durch jeweils zwei Gelenke in einer oberen und einer unteren Pfanne der Kopfkapsel stabil gelagert sind. Mit antagonistischen Muskeln lassen sich die Mandibeln öffnen (mit Abduktoren) und kraftvoll schließen (mit Adduktoren). Die Biene benutzt sie zur Verteidigung, um sich für eine Ruhephase anzuklammern, um eine Brutzelle auszuhöhlen, Material zu greifen, zu schneiden etc.
- Die Unterkiefer (Maxillae bzw. Maxillen) sind zwei (hinter und unter den Mandibeln) paarig angelegte mehrgliedrige Werkzeuge, deren Basis (der Cardo) jeweils durch ein Gelenk mit der Kopfkapsel verbunden ist: Auf dem Cardo sitzt der Stipes ("Stamm") und auf diesem innen die Lacinia mit Zähnchen und Borsten und davor (außen) die Galea (= die äußere "Kaulade"), außerdem ein mehrgliedriger dünner Palpus maxillaris ('Unterkiefertaster', "Maxillarpalpus") mit vielen chemorezeptiven Sinneszellen. Da die Maxillae doppelt vorhanden sind, sollte man auch die Pluralformen ihrer Bestandteile kennen: Cardines, Stipites, Laciniae, Galeae, Palpi.
- Die Unterlippe (Labium) ist ein aus zwei ehemals getrennten Kopfextremitäten verschmolzenes Element, das analog zu den Maxillen ebenfalls gegliedert ist; der Lacinia und Galea entsprechen beispielsweise innen die Glossa ('Zunge') und außen die Paraglossa, und dem Palpus maxillaris entspricht der Palpus labialis ("Labialpalpus").
- Die Unterkiefer (Maxillen) und die Unterlippe (Labium) haben im Laufe der Evolution zusammen den langen Saugrüssel (Proboscis) der Bienen gebildet: Die Galeae umschließen den oberen und die Palpi labialis den unteren Abschnitt der behaarten und typischerweise langen Zunge (Glossa).
Bruststück Thorax oder Mesosoma ?
Der mittlere, fast kugelförmige Teil des Bienenkörpers, der "Brustkorb" bzw. das "Bruststück", besteht aus drei Segmenten: Prothorax, Mesothorax und Metathorax. Nur bezogen auf den Rücken – altgriechisch noton – sind dies in ihrer latinisierten Form: Pronotum, Mesonotum und Metanotum. Das Pronotum ist nur bei gesenktem Kopf und wenig Behaarung zu sehen, augenfällig sind drei sichtbare Rückenschilder: das große Scutum ('Schild'), dahinter das Scutellum ('Schildchen') und schließlich das Postscutellum ('Hinterschildchen').
Hinzu kommt noch das Propodeum, auch Epinotum oder Mediansegment genannt: ein Segment des Abdomens (Hinterleibs), das fest mit dem Metanotum verwachsen ist und daher zum Thorax zu gehören scheint, aber tatsächlich nicht gehört. Die gängige wissenschaftliche Bezeichnung Thorax für das Bruststück einer Biene schließt also, korrekt verwendet, das Propodeum aus; einschließlich des Propodeums ist das optisch vom Hinterleib abgegrenzte Bruststück das Mesosoma (von altgriechisch meso = 'mittlere(r)' & soma = 'Körper, Leib';).
Getragen wird der Thorax (bzw. das Mesosoma) von drei Beinpaaren, jeweils eines setzt an der Unterseite des 1., 2. und 3. Segments an. In der "Schultergegend", nämlich am 2. und 3. Segment, setzen außerdem zwei Flügelpaare an, die von der mächtigen Brustmuskulatur angetrieben werden. Die Teile im einzelnen:
- Prothorax: Dieses vordere, bei Bienen recht kurze Brust-Segment ist quasi der "Hals", es beginnt dorsal (= oberseitig) mit dem Pronotum und ventral (= unten, bauchseitig) mit dem Prosternum, das die Verbindung zum Kopf herstellt; die Seiten sind auch als Propleuren ('vordere Flanken') bekannt. Am Prothorax setzt das erste Beinpaar an. Manche Arten besitzen dorsolateral vor den Tegulae (Flügelbasis-Deckschuppen) je ein Tuberkel: einen manchmal auffällig (gelb) gefärbten Höcker.
- Mesothorax: Am mittleren Brust-Segment setzen unterseitig das zweite Beinpaar und oberseitig das erste Flügelpaar an. Der Mesothorax umfaßt dorsal (rückenseitig), lateral (seitlich) und ventral (bauchseitig) folgende Teile:
- dorsal das Scutum bzw. Mesonotum ist der Hauptschild des Thorax, quasi der große "Buckel", der bei Bienen (wie auch bei Fliegen und Schmetterlingen) besonders groß dimensioniert ist. Die Abdeckung der Flügelbasis wird als Tegula bezeichnet;
- ebenfalls dorsal das Scutellum bzw. Schildchen, also den schmalen Rückenpanzerteil direkt hinter dem viel größeren Hauptschild bzw. Scutum;
- lateral, d. h. an den Flanken, je eine Mesopleura bzw. eingedeutscht Mesopleure (= 'mittlere Flanke', Seitenplatte des Exoskeletts), also ein Verbindungsteil zwischen Tergum (Oberseite) und Sternum (Unterseite) eines Körpersegments;
- ventral das Mesosternum (die mittlere Bauchplatte).
- Metathorax: Am hinteren, letzten Brust-Segment setzen unterseitig das dritte Beinpaar und oberseitig das zweite Flügelpaar an. Der Metathorax umfaßt drei bzw. (hinsichtlich der paarigen Metapleuren) vier Teile:
- dorsal das Postscutellum bzw. Metanotum, also das "Hinterschildchen" (das Schildchen hinter dem Scutellum);
- lateral (seitlich unterhalb des Scutellum) jeweils eine Metapleura bzw. Metapleure (= 'hintere Flanke', Seitenplatte des Exoskeletts), also zwei Metapleuren (hinter den Mesopleuren);
- ventral das Metasternum (Bauchplatte hinter dem Mesosternum).
- Propodeum: Diese Struktur am Ende des Brustteils ist bei den Bienengattungen sichtbar unterschiedlich geformt und eigentlich (phylogenetisch) nicht mehr Teil des Thorax, sondern das erste Abdominalsegment; manche Autoren bezeichnen es als Mittelsegment oder Mediansegment, eine alte Bezeichnung ist "herzförmiger Raum". Bei den Stechimmen (Apocrita) ist das Propodeum mit dem Metathorax verschmolzen, es besitzt keine Bauchplatte und besteht aus drei Teilen:
- dorsal dem schräg abfallenden "Mittelfeld" (nicht zu verwechseln mit "Mittelsegment");
- dorsal darunter dem senkrecht abfallenden "Stutz";
- lateral jeweils einem "Seitenfeld".
3 Thorax-Teile → | Prothorax | Mesothorax | Metathorax | | Propodeum |
Rückenschild | Pronotum | Mesonotum | Metanotum | | Epinotum |
Je 2 Seitenteile | Propleurae | Mesopleurae | Metapleurae | | "Seitenfelder" |
Bauchplatte | Prosternum | Mesosternum | Metasternum | | — |
Hinterleib Abdomen oder Metasoma ?
Genaugenommen ist der Hinterleib einer Biene nicht nur das, was man zu sehen glaubt: Da das (vom Kopf her gesehen) erste Segment des Hinterleibs bzw. Abdomens in der Evolution der "Taillenwespen" (Apocrita) breitflächig mit dem letzten Brustsegment verwuchs (s. oben), befindet sich die "Wespentaille" der Bienen nicht zwischen Thorax und Abdomen, sondern ist eine Einschnürung des Hinterleibs selbst, nämlich zwischen dem Propodeum und dem langen Körperende, dem Metasoma (von altgriechisch meta = 'nach, hinter' etc. & soma = 'Körper, Leib'). Korrekt muß man also bei der Beschreibung einer Biene den Hinterleib "Metasoma" nennen, dennoch spricht man meist (und fälschlich) vom "Abdomen". Die Existenz der "Wespentaille" unterscheidet übrigens die Bienen und andere Hautflügler etwa Schlupfwespen, Gallwespen, Goldwespen, Ameisen etc. von den Pflanzenwespen (Symphyta).
- Das Abdomen bzw. korrekt Metasoma besteht aus Segmenten bzw. halben Ringen: Die oberen (= dorsalen) Segmente sind die Terga (Einzahl: Tergum), die unteren (= ventralen) sind die Sterna (von Sternum). Verbunden werden beide Segmente jeweils von häutigen Gelenken, den Pleuren. Die harten (sklerotisierten) Teile der Terga und Sterna bezeichnet man als Tergite und Sternite, sie sind die eigentlichen Panzerringe. Bei einigen Gattungen (Anthidium, Chelostoma, Heriades, Lithurgus, Megachile, Osmia) tragen die Sternite der Weibchen Sammelhaare, die eine "Bürste" (Scopa) bilden und aufgrund ihrer ventralen Position als "Bauchbürste" bzw. Ventralscopa bezeichnet werden.
- An der Spitze des Hinterleibs befindet sich die Pygidialplatte, eine kleine "Analplatte" auf dem Pygidium, das auch als Telson bezeichnet wird. Es ist kein echtes Abdominalsegment (also auch kein Tergit), da es im Inneren anders aufgebaut ist als ein Tergit: Es enthält den After (Anus) und bei Weibchen auch den Legebohrer (Ovipositor).
- Im hinteren Abdomen befindet sich die Dufour-Drüse (auch: Dufoursche Drüse): eine zwiebelförmiges exkretorisches Organ, dessen Sekret in verschiedenen (Unter-)Familien verschiedene Funktionen hat: Es dient der wasserfesten Auskleidung von Brutzellen (Andrenidae, Anthophorini, Eucerini, Halictidae, Megachilidae), der Nesterkennung (Andrenidae, Colletidae, Eucerini, Halictidae, Megachilidae), der Erkennung von Verwandten (Andrenidae, Halictidae) und Nestgenossen (Bombini, Halictidae), als Pheromon (Apini Halictidae), als Larvenfutter (Anthophorini, Megachilidae), der Markierung von Nahrungsquellen (Xylocopini) und der Signalisierung von Fruchtbarkeit (Bombini). [Quelle: Mitra, Aniruddha (2013): "Function of the Dufour’s gland in solitary and social Hymenoptera" in: JHR 35: 33–48.]
Die Männchen der Kuckucksbienen-Gattung Nomada können in ihren Mandibel-Drüsen Substanzen exkretieren, die identisch mit Dufour-Sekreten ihres jeweiligen Wirtes sind. Sie locken mit diesem Duft ihre Weibchen an und besprühen sie damit während der Kopulation, so daß es zwischen Nomada-Weibchen und dem jeweiligen Wirt, einem Andrena-Weibchen, nicht zu Aggressionen kommt. [Quelle: Tengö, J. & G. Bergström (1977): "Cleptoparasitism and Odor Mimetism in Bees: Do Nomada Males Imitate the Odor of Andrena Females?" in: Science 196: pp. 1117–1119.]
Beine
Bienen besitzen wie alle Insekten sechs Beine. Diese dienen nicht nur dem Laufen, Festhalten und Transportieren, Graben und Bauen, sondern mittels spezieller Sinnesorgane auch der Wahrnehmung chemischer Verbindungen sowie von Vibrationen in Festkörpern. Schallwellen in der Luft können Bienen hingegen nicht wahrnehmen, sie sind also im menschlichen Sinne taub.
Jedem der drei beschriebenen Thorax-Teile (Prothorax, Mesothorax, Metathorax) entspringt ein Beinpaar. Ein Bein besteht aus fünf unterschiedlich großen und geformten, gelenkig miteinander verbundenen Gliedern: Hüfte (Coxa), Schenkelring (Trochanter), Schenkel (Femur), Schiene (Tibia) und Fuß (Tarsus). Die fünf Beinglieder kann man jeweils sprachlich einem der drei Thorax-Teile zuordnen, indem man sie entweder numeriert (z. B. Tibia 1, Tibia 2, Tibia 3) oder – wie einige Autoren dies tun – mit dem Präfix des jeweiligen Thorax-Segments (pro, meso, meta) kennzeichnet:
Thorax-Teile → | Prothorax | Mesothorax | Metathorax |
Beinglied↓ am → | 1., vorderen Bein | 2., mittleren Bein | 3., hinteren Bein |
Coxa | Procoxa | Mesocoxa | Metacoxa |
Trochanter | Protrochanter | Mesotrochanter | Metatrochanter |
Femur | Profemur | Mesofemur | Metafemur |
Tibia | Protibia | Mesotibia | Metatibia |
Tarsus | Protarsus | Mesotarsus | Metatarsus |
Die deutschen Begriffe der fünf Beinglieder sind der menschlichen Anatomie entlehnt, auf die jeweils anschließend verwiesen wird:
- Die "Hüfte" (Coxa) bezeichnet bei Insekten das erste Beinglied. Die behaarte Coxa vor allem der Zottelbienen (Panurgus) und Sandbienen (Andrena) ist am Transport des Pollens beteiligt.
Die Coxa erinnert an die menschliche Hüfte bzw. das Hüftgelenk (Articulatio coxae).
- Der Schenkelring (Trochanter) der Insekten verbindet Coxa und Tibia. Bei vielen Arten – auffällig vor allem bei Sandbienen (Andrena) – besitzt der Schenkelring eine große Haarlocke (Flocculus), die eine kleine unbehaarte Fläche auf der Unterseite des Schenkels (Femur) überragt und so ein Körbchen für den Pollentransport bildet.
Der Trochanter wurde nach dem "Rollhügel" des menschlichen Hüftgelenks (s. o.) benannt, wo er die beiden Fortsätze am seitlichen oberen Ende des Oberschenkelknochens (Femur) bezeichnet: den Trochanter major ("Großer Rollhügel") und den Trochanter minor ("Kleiner Rollhügel").
- Der Schenkel (Femur) ist das erste längere Beinglied, er steht waagerecht oder schräg nach oben vom Körper ab. Die Männchen einiger Arten – etwa der "Schenkelbienen" (Macropis) – haben auffällig verdickte Femora. Die Weibchen der Furchenbienen (Gattungen Halictus und Lasioglossum) besitzen am Femur ein Haarkörbchen (Corbicula).
Als Femur bezeichnen Mediziner den menschlichen Oberschenkel.
- Die "Schiene" (Tibia) ist immer nach unten geneigt und besitzt am Ende einen oder zwei Sporne. Die Hinterschienen (= Tibiae des 3. Beinpaars, Metatibiae) vieler Bodennister besitzen an ihrer Basis die Basitibialplatte: eine Scheibe, mit der sich Bienen in ihren Gängen abstützen. Die Hinterschienen der Weibchen vieler Gattungen sind außerdem deutlich verbreitert und besitzen eine "Schienenbürste" (Scopa), die aufgrund ihrer Position auch als (Tibialscopa) bezeichnet wird und dem Transport des Pollens dient.
Die Tibia ist beim Menschen das 'Schienbein'.
- Der Fuß bzw. Tarsus ist in fünf Glieder (Tarsalia, Tarsomeren) unterteilt: Das nach der Tibia erste Glied, das "Basisglied" bzw. "Fersenglied", wird wissenschaftlich Basitarsus und auch Metatarsus (siehe Anmerkung) genannt; dieser ist flach und breiter und vor allem viel länger als die folgenden vier Fußglieder. Bei einigen Arten trägt er eine Haarbürste, die zusätzlichen Raum für den Pollentransport bietet. Das letzte Fußglied, das "Krallenglied" (Prätarsus), trägt zwei Klauen bzw. Krallen (Ungues) und zwischen beiden oft einen Haftlappen (Pulvillus).
Der Tarsus des Menschen ist seine "Fußwurzel", die aus sieben Knochen (Ossa tarsi bzw. Ossa tarsalia) besteht und hinten mit dem Fersenbein (Calcaneus) beginnt. Der Metatarsus des Menschen ist sein 'Mittelfuß', die Ossa metatarsalia sind entsprechend die fünf 'Mittelfußknochen' bzw. Metatarsal-Phalangen.
Die Vorderbeine dienen u. a. dem Putzen der Augen und Fühler; am Beginn der Fersenglieder (Basitarsi) weisen sie deshalb eine kleine Lücke bzw. "Putzscharte" auf, durch die gelegentlich die Fühlergeißel (Flagellum) gezogen wird. Die Weibchen einiger Gattungen besitzen auf den Hinterschienen (Metatibiae) und oft zusätzlich den Fersengliedern (Basitarsi) der Hinterbeine (Metatarsi) Haarbürsten für den Pollentransport. Wenn beide, Tibia und Basitarsus, Transporthaare besitzen, weisen die Pollenpakete an der Grenze zwischen beiden Bürsten einen Bruch bzw. Spalt auf.
Anmerkung zum ...
Basitarsus: Dieser ist, wie man vermuten könnte, kein separater, 'basaler' Tarsus, sondern das nach der Tibia erste bzw. 'Basisglied' eines Tarsus. Obwohl jedes Bein, mithin jeder Tarsus ein solches 'Basisglied' besitzt, ist mit Basitarsus in der Literatur meist nur das Basisglied eines Hinterbeines gemeint. Der Grund liegt in der Bedeutung des Hinterbeinpaares vieler Arten für den Pollentransport.
Metatarsus: Dem letzten Thorax-Teil, dem Metathorax, entspringt das letzte Beinpaar, dessen Füße sind entsprechend die Metatarsi. Als Metatarsus wird allerdings in der entomologischen Literatur auch das erste Glied bzw. 'Basisglied' eines Tarsus (siehe oben) bezeichnet, und meist ist dann der Basitarsus des Hinterbeinpaars gemeint. (Das Präfix meta bezieht sich in diesem Fall nicht auf den Thorax des Insekts bzw. die Gesamtheit der drei Beine, sondern nur auf einen Fuß (Tarsus) bzw. Hinterbeinfuß.) Um diese verwirrende Mehrdeutigkeit zu vermeiden, könnte man das 'Basisglied' (Basitarsus) eines Hinterbeinfußes als Basimetatarsus bezeichnen.
Protarsus: Dem ersten Thorax-Teil, dem Prothorax, entspringt das erste Beinpaar, dessen Füße sind daher die Protarsi. Der Protarsus ist allerdings nicht mit dem Prätarsus zu verwechseln: Dieser ist kein ganzer Fuß, sondern nur das erste Fußglied bzw. "Krallenglied".
Flügel Alae
Auch wenn man an fliegenden und meist auch ruhenden Bienen auf den ersten Blick nur zwei Flügel wahrnimmt: Anders als Fliegen und andere Zweiflügler (Diptera) besitzen Bienen und andere Hautflügler (Hymenoptera) zusammen vier meist durchsichtige oder durchscheinende Flügel: ein vorderes, größeres Flügelpaar, das am mittleren Thorax-Segment (Mesothorax) ansetzt, und ein hinteres, kleineres Flügelpaar, das am hinteren Thorax-Segment (Metathorax) ansetzt. Auf den ersten Blick auffällig ist die Äderung:
- Die Flügel sind von Adern durchzogen, die die Flügelhaut in Zellen teilen und stabilisieren. Am Außenrand der Vorderflügel ist eine schmale dunkle Zelle zu sehen, das Stigma (′Mal, Fleck′) bzw. Pterostigma ('Flügelmal'). Die Äderung der Vorderflügel hilft, die Wildbienengattungen zu unterscheiden, wichtig sind insbesondere die Anzahl und Größenverhältnisse der Cubitalzellen und die Form der Radialzelle (zwischen Stigma und Flügelspitze). Die Cubitalzellen werden auch (und im angelsächsischen Sprachraum immer) als Submarginalzellen (bzw. submarginal cells) bezeichnet; der Radialzelle entspricht im Englischen die marginal cell. Die Vorder- und Hinterflügel sind an ihren Rändern durch Häkchen (Hamuli) verbunden, wodurch größere Tragflächen entstehen.
- Die Flügeladern werden in der Regel nach den Zellen benannt, die sie begrenzen: die Radialader entlang der Radialzelle, die Cubitalqueradern 1–3 am äußeren Rand der Cubitalzellen 1–3, die Discoidaladern 1–2 am äußeren Rand der Discoidalzellen 1–2. Am vorderen Flügelrand befindet sich die Costalzelle, gleich dahinter die Subcostalader. Zwischen der Medialzelle und der 1. Discoidalzelle liegt die Basalader, ihre Fortsetzung zwischen der Submedialzelle und Brachialzelle ist der Nervulus.
- Die Flügel-Zeichnung wurde nach einem Foto der Sandbiene Andrena flavipes gefertigt; Vorderflügel (oben) und Hinterflügel (unten) überlappen sich hier.
Pelz / Behaarung
Viele Wildbienen weisen eine nur spärliche oder kurzflorige, jedenfalls wenig auffällige Behaarung auf, die sich vor allem am seitlichen und hinteren Thorax, zwischen den Tergiten und auf den Beinen konzentriert; einige Arten (Maskenbienen: Hylaeus spec.) sind gar unbehaart, geprägt wird ihr Erscheinungsbild überwiegend oder ausschließlich durch die Größe, Form und Farben ihres Körpers. Etliche andere Bienenarten wiederum tragen einen dichten und hohen Pelz, der oft durch eine leuchtend bräunliche oder gelbliche Färbung auffällt und besonders den Thorax viel dicker erscheinen läßt, als er in Wirklichkeit ist. Solche Bienenarten lassen sich auf den ersten Blick von der Honigbiene unterscheiden, auch wenn sie ansonsten gleichgroß sind.
Besonders auffällig ist dies bei den Hummeln, die durch ihren Pelz kompakter ("pummeliger") erscheinen, als sie es unbepelzt wären. Der Pelz zeigt nicht nur einen auffälligen Farbkontrast bzw. ein Streifenmuster (was uns Menschen die Artbestimmung erleichtert), sondern hält diese an sich wechselwarmen Tiere bei niedrigen Außentemperaturen auch warm.
Da nur weibliche Bienen Pollen sammeln und in die Brutzellen eintragen, hat ihr Pelz in den meisten Bienengattungen noch eine zusätzliche Funktion: den Transport des Pollens. Dieser wird während eines Sammelfluges in verschiedenen Haarstrukturen zwischengespeichert und anschließend in der Brutzelle ausgekämmt. Zwei Speicherstrukturen lassen sich unterscheiden:
- Eine "Bürste" (Scopa) besteht – ähnlich einer Kleiderbürste – aus sehr vielen Härchen, die je nach Beschaffenheit der bevorzugten Pollenkörner kürzer oder länger, dünner oder kräftiger sind und dichter oder weiter zusammenstehen. Scopae befinden sich ja nach Bienengattung in verschiedenen Körperregionen, und sie haben eine artspezifische Färbung, die nur ohne (bunte) Pollenladung sichtbar, aber eines der Merkmale für die Artbestimmung ist:
- Etliche Gattungen verfügen ventral, also auf der Abdomen-Unterseite, über eine "Bauchbürste" bzw. Ventralscopa. Solche Bienen werden gerne als "Bauchsammler" bezeichnet, obwohl die meisten den Pollen mit dem Bauch nicht sammeln, sondern nur transportieren; typische "Bauchtransporteure" sind die Weibchen der Mauer- & Scherenbienen (Osmia, Chelostoma), Blattschneiderbienen (Megachile), Steinbienen (Lithurgus) sowie Woll- und Herzbienen (Anthidium). Die Löcherbienen (Heriades) allerdings klopfen sich den Pollen dirket in die "Bauchbürste", wenn sie langsam über eine Korbblüte laufen.
- Die Weibchen vieler anderer Gattungen sammeln Pollen in zwei "Beinbürsten", weshalb diese Bienen auch als "Beinsammler" bezeichnet werden. Eine "Beinbürste" befindet sich stets auf der dritten Beinschiene (Metatibia) und wird deshalb "Schienenbürste" bzw. Tibialscopa (oder Metatibialscopa) genannt. Eine Bein-Scopa muß sich allerdings nicht auf die Tibia beschränken, sie kann sich auf einem besonders breiten Metatarsus (also dem ersten Fußglied) fortsetzen und somit besonders große Pollenpakete transportieren. Zu den Bienen mit "Schienenbürsten" zählen die Sandbienen (Andrena), Buntbienen (Camptopoeum), Keulhornbienen (Ceratina), Seidenbienen (Colletes); zusätzliche Tarsalscopae besitzen die Pelzbienen (Anthophora), Langhornbienen (Eucera), Sägehornbienen (Melitta), Schenkelbienen (Macropis) und, besonders eindrucksvoll, Hosenbienen (Dasypoda). Auch Hummeln (Bombus) und Honigbienen (Apis) haben an ihren Hinterschienen Transporteinrichtungen, die allerdings zum zweiten Typ der Speicherhaarstrukturen gehören:
- Ein "Körbchen" (Corbicula) ist eine kleine leicht vertiefte und haarlose Fläche, die von einem Haarkranz umstanden ist. Corbiculae sind meist kleine, zusätzliche Speicherhaarstrukturen, und sie lassen sich an verschiedenenen Körperstellen entdecken:
- An den Seiten des Propodeums – also des Mittelsegments, das eigentlich schon zum Abdomen gehört, aber mit dem Thorax verschmolzen ist – überragt bei Sandbienen je eine Haarlocke eine haarlose Fläche unter ihr und bildet so eine Transporteinrichtung.
- Auf dem Schenkelring (Trochanter) z. B. der Sandbienen bildet eine Haarlocke (Flocculus) zusammen mit einem haarlosen Fleck auf der Schenkel-Unterseite eine Corbicula.
- Auf dem Hinterschenkel (Metafemur) besitzen auch Furchenbienen eine Corbicula: zusätzlich zur Tibialscopa. (Viele Furchenbienen der Gattung Lasioglossum, also "Schmalbienen", transportieren Pollen außerdem auf ihrem Hinterleib.)
- Die größten Corbiculae haben die Honigbienen und Hummeln: Ihre "Körbchen" (eigentlich "Körbe") auf der Außenseite ihrer Hinterschienen (Metatibiae) sind ohne Pollenladungen mit bloßem Auge gut am Borstenkranz des Hinterschienenrandes zu erkennen.
Geschlechter
Die beiden Geschlechter einer Bienenart können auf den ersten Blick deutliche morphologische Unterschiede in Gesamtgröße sowie Form und Färbung einzelner Körperteile aufweisen, sie können sich aber auch zum Verwechseln ähneln. Die grundsätzlichen Unterscheidungsmerkmale sind:
- Weibchen: 6 Tergite und 6 Sternite sichtbar, 12 Fühlerglieder, der Stachel;
- Männchen: meist 7 Tergite und 6 Sternite sichtbar, 13 Fühlerglieder, der Kopulationsapparat mit den beiden Gonostyli.
Beim Zählen der Tergite (also der dorsalen Hinterleibssegmente) ist zu berücksichtigen, daß von oben meist nur 5 davon sichtbar sind, der sechste und kleinste Tergit ist dann verdeckt und erst von hinten und von der Seite zu erkennen. Bei einer Drohne kommt hier noch ein weiterer Tergit hinzu. Ähnliches gilt für die Fühlerglieder: Hier sind sowohl der Schaft (Scapus) als auch das darin verankerte extrem kurze erste Geißelglied (Pedicellus) mitzuzählen.
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Eine Efeu-Seidenbiene (Colletes hederae) an Efeu (Hedera helix): In der Profilansicht lassen sich viele morphologische Merkmale gleichzeitig erkennen – und fotografisch scharf abbilden · Solingen, 20.9.2015 |
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