Blasen in Sozialen Medien, der verstärkte Einsatz von Desinformation, selbsternannte Spezialisten und populistische Methoden wie Fake News verpflichten den NABU als überparteilicher Naturschutzverband, der großes Vertrauen in Bevölkerung und Institutionen besitzt, einen auf naturwissenschaftlichen Fakten beruhenden Naturschutz. [...]
Diese Völker nehmen die angestammte Ökosystemfunktion der Art Honigbiene in den heimischen Pflanze-Bestäuber-Netzwerken ein, auch wenn sie weitgehend vom Menschen gehalten werden. Der Ursprung der oft emotional geführten Konkurrenz-Diskussion kommt aus Regionen, in denen es natürlicherweise keine Honigbienen (A. mellifera) gibt (Australien, Nord- und Südamerika). Die aus Europa, West-Asien oder Afrika stammende Westliche Honigbiene ist dort eine Invasive Art. Sie wird im neuen Verbreitungsgebiet als Nutztier klassifiziert, welches in der Landwirtschaft für die Bestäubung von Kulturpflanzen gezielt eingesetzt wird. [...]
Die Honigbiene ist im natürlichen Verbreitungsgebiet aber nicht nur ein Nutztier, sondern auch eine einheimische Bienenart, die schon lange bevor es eine industrialisierte Landwirtschaft gab, überall Blüten besucht und bestäubt hat. [...]
Wildbienen und Honigbienen ergänzen sich oft im Besuch der heimischen Blüten und die Studienlage zeigt deutliche Synergieeffekte in Ertrag und Fruchtqualität.
Honigbienen sind global gesehen eine bedeutende Art in der Landwirtschaft. Königinnen und ganze Völker werden über Landes- und sogar auch über kontinentale Grenzen hinaus verschickt und gehandelt. Mit dem internationalen Handel und der globalen Bedeutung für Agrarökosysteme geht möglicherweise auch die globale Ausbreitung von Bienen Krankheiten einher. [...] Alle möglichen Gruppen von Arthropoden sind mit den in der Honigbiene identifizierten Viren infiziert. Sie wurden schlicht bei der Honigbiene als gut untersuchte Modellart frühzeitig entdeckt. Vorhanden sind sie in anderen Organismen seit Millionen von Jahren. Dies gilt auch für Bienengattungen wie Osmia Megachile oder Lassioglossum. Die Bewertung der von Honigbienen verursachten Übertragung von Viren auf andere Organismen hat sich also in letzter Zeit relativiert. [...] Um den Schutz insbesondere vor neuen, durch den internationalen Honigbienenhandel importierte Pathogene zu verbessern sollte ein Verbringen von Bienenvölkern in oder in die Nähe von solchen Schutzzonen besser veterinärmedizinisch begleitet werden als bisher.
Honigbiene als „Naturbotschafterin” und Kooperationen mit der Imkerschaft
Die Honigbiene ermöglicht Menschen aller Altersklassen einen niederschwelligen Zugang zum Reich der Insekten. [...] Es ist aber festzuhalten, ohne die Honigbiene und ihren faszinierenden Verhalten hätte sich kein Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Insektenschutz bei uns entwickelt. [...]
Bahnbrechende Erfolge wie das Volksbegehren „Rettet die Bienen!” wären ohne imkerliche Unterstützung kaum denkbar gewesen. Imker und Imkerinnen sind mit ihrem Kampf und den juristischen Erfolgen gegen systemische Pflanzenschutzmittel die wichtigsten Verbündeten des NABU im Kampf für den besseren Schutz insbesondere der Naturschutzgebiete.
Es kann aus unserer Perspektive nicht das Ziel des NABU Deutschlands sein, die nach wie vor gute Positionierung dieser sozialen Insekten im Umweltbildungsbereich zu schwächen. Im Gegenteil scheint es auch aus der Naturschutzperspektive notwendig wieder mehr für das positive Image der Honigbiene zu machen. [...]
Eine Gleichsetzung bzw. sogar höher Bewertung der Honigbiene als Gefahrenquelle in Relation zu den identifizierten weitreichenden Gefährdungsfaktoren ist anhand der wissenschaftlichen Datenlage für die BAG nicht ableitbar. Totalverbote von Honigbienen in und an Schutzgebieten machen aus unserer Perspektive zum heutigen Kenntnisstand daher wenig Sinn, da die Honigbiene eine einheimische Bienenart und somit fester Bestandteil in jedem natürlichen Bestäubernetzwerk ist. Schutzgebiete, die leider mittlerweile durch fehlende Bestäuber gekennzeichnet sind, zusätzlich noch weitere Bestäuber zu entziehen, ist ein großes Risiko für die Biodiversität und kann aus unserer Perspektive nicht ad hoc von Naturschutzbehörden ohne wissenschaftliche Daten über die ökosystemaren Konsequenzen dieses Entzugs angeordnet werden. [...]
Pauschale Haltungsverbote ohne dedizierte Betrachtung halten wir auch angesichts der in und an Naturschutzgebieten stattfindenden landwirtschaftlichen Nutzung für nicht angebracht. Wir sehen aufgrund der Dichteabhängigkeit der möglichen Konkurrenzeffekte die Notwendigkeit die Diskussion in Richtung Umweltkapazität zu schärfen. Wie viele Honigbienenvölker kann eine Landschaft aufnehmen, ohne dass die Wildbienendichte und Artenvielfalt darunter leidet? Welche negativen Effekte auf Wildbienen könnten verstärkt werden, wenn man die obere Kapazitätsgrenze einer Landschaft für Honigbienen beispielsweise durch Wanderimkerei temporär oder dauerhaft überschreitet? In anderen Worten: jede geschützte Landschaft, in der es blüht, hat eine bestimmte Umweltkapazität für Honigbienen Völker, die ermittelt werden muss. [...] Diese Szenarien müssen auf der Landschaftsebene untersucht und modelliert werden. Ultimativ für eine Lösung ist die Erarbeitung von naturschutzfachlichen Richtlinien die auf Grundlage wissenschaftlicher Daten basieren.
[BAG Hymenoptera: Positionspapier "Honigbienen in Naturschutzgebieten – eine ernsthafte Gefahr für Wildbienen?"]