Beispiel eines bienenfreundlichen Steingartens · Nettetal, Anfang Juni 2005 |
Die Fläche aller Gärten in Deutschland ist mindestens viermal größer als die aller unserer Naturschutzgebiete. Dieser bekannte Vergleich macht das große Potential der kleinen grünen Inseln in Privatbesitz deutlich. Natürlich helfen auch die besten Biogärten nicht jenen Arten wie Fisch- und Seeadler, Elch und Wolf, die nur in großräumigen Habitaten überleben können; flugfähige Insekten aber lassen oft schon mit einem ökologisch ausgerichteten Garten oder Gartenverbund in ihrem Bestand lokal stabilisieren. Die Nutzung unserer Gärten für den Bienenschutz ist also ein wichtiger Beitrag zum Natur- und Artenschutz. Hier ein paar Prinzipien der Biogarten-Gestaltung:
Frühsommer mit Glockenblumen, Mohn etc. | Hochstauden sind auch Nistplätze |
Kronen-Lichtnelken liefern Wollbienen Nistmaterial | Auf Glockenblumen sind einige Bienen spezialisiert |
Auf den Natternkopf (Echium vulgare) ist die Mauerbiene Osmia adunca spezialisiert |
Steingarten mit Lavendel, Kronlichtnelke, Wollziest, Königskerze, Herzgespann etc. und Nisthölzern |
Von 1850 bis 1956 baute man am Eskesberg in Wuppertal (NRW) in zwei Steinbrüchen den begehrten Kalkstein ab. Anschließend wurden die bis 30 Meter tiefen Gruben als Deponie genutzt und nahmen 2,5 Millionen Kubikmeter Hausmüll, Boden und Bauschutt auf. Nach der Stillegung der Deponie 1972 konnte man in den 1980er Jahren im Grundwasser aus den Deponie-Abfällen gelöste Schadstoffe nachweisen. Deshalb wurde die Deponie 2004 und 2005 mit Kunststoffbahnen abgedichtet (50.000 m²), um ein weiteres Auswaschen toxischer Stoffe zu verhindern.
Parallel dazu erklärte und entwickelte man das Gelände 2005 zu einem Naturschutzgebiet der besonderen Art: Zunächst wurde eine 1 Meter dicke, aber ungleichmäßig profilierte Schicht aus humus- und nährstoffarmen sowie kalk- und steinreichen Rohböden aufgetragen. Diese wurden durch lehmige und sandig-kiesige Böden und zwei Feuchtgebiete ergänzt und strukturiert. Schließlich wurde auf Teile der Rohböden Heumulch gestreut, bevor das Gebiet der natürlich Besiedlung überlassen wurde. Eigentlich tat man also das Gegenteil dessen, was Grünflächen-Architekten und private Gärtner sonst tun. Gerade deshalb aber entwickelt sich der Eskesberg seither zu einem Rückzugsraum für seltene Pflanzen und Tiere, die Naturschützer und Schulklassen 2008 mit einer großen Nistwand für holzbewohnende Bienen- und Wespenarten förderten.
Das neue Naturschutzgebiet vor der Siedlung Eskesberg in Wuppertal-Cronenberg · Mai 2008 |
Info-Tafel am Weg durch das NSG zur Siedlung | Rohbau einer Wildbienenwand am Siedlungsrand |
Da durch die Abdichtung der Deponie die Pflanzendecke komplett entfernt werden mußte, begann die natürliche Sukzession wieder bei Null, und den meisten dort lebenden Tierarten wurden ihre Lebensgrundlage entzogen. Dies bot der Stadt Wuppertal die seltene Chance, die faunistische und floristische Wiederbesiedlung des Eskesbergs im Rahmen eines wissenschaftlichen Monitorings zu dokumentieren, das für stadtökologische Fragestellungen von exemplarischer Bedeutung ist: Das Gebiet war für ein Biomonitoring im innerstädtischen Bereich besonders gut geeignet, weil die Beobachtung hier nicht während einer schon fortgeschrittenen Sukzession auf einer älteren Brache einsetzte, sondern zu Beginn der Sukzession unmittelbar nach dem Auftragen des Rohbodens beginnen konnte. Eine der untersuchten Tiergruppen waren natürlich die Wildbienen, deren lokales Potential 73 Arten erreichte, die allerdings nicht in jedem Jahr nachgewiesen werden konnten. 24 der Spezies stehen auf den Roten Listen, was einem Anteil von 33% entspricht.
Das Verhältnis zwischen Bienen und Blütenpflanzen ist viele Millionen Jahre alt und sehr komplex: Pflanzengattungen und -arten haben sich während ihrer Entwicklung auf verschiedene Bestäuber (überwiegend Insekten, u. a. Bienen) spezialisiert, und Bienen und andere Bestäuber haben sich ihrerseits in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Maße auf verschiedene Pflanzen spezialisiert. Das Ergebnis dieser gegenseitigen Anpassung ist die heutige Artenvielfalt mit ihren vielfältigen Spezialisierungen: Läßt man die Kuckucksbienen, die ein Viertel aller Bienenarten ausmachen, außer acht, dann sind je nach Zählweise etwa 30% oder mehr unserer nestbauenden Wildbienenarten Pollenspezialisten (sogenannte oligolektische Bienenarten), deren Weibchen Pollen an den Blüten nur einer Pflanzengattung oder sogar nur an einer Pflanzenart sammeln – oder nur eine Pflanzenfamilie nutzen; die übrigen (sogenannten polylektischen) Bienenarten sind Pollengeneralisten. Allerdings nutzen nicht alle Generalisten alle Blütenpflanzen: manche besammeln die Blüten einiger Pflanzenfamilien, andere fast unbegrenzt vieler, es gibt also viele Übergänge zwischenspezialisiert und unspezialisiert. Um ein wenig mehr zu differenzieren, kann man statt zwei auch vier Stufen unterscheiden und mit Fachtermini benennen (Näheres unter "Ernährung" in der allgemeinen bzw. Biologie-Sektion):
Für das Überleben bzw. den Schutz unserer Wildbienenfauna sind nach aktuellen Studien (siehe A. Zurbuchen & A. Müller: Wildbienenschutz – von der Wissenschaft zur Praxis) mindestens neun Pflanzenfamilien besonders wichtig, die in der folgenden Liste jeweils mit wichtigen und bekannten Gattungen aufgeführt sind: Die ersten drei Familien sind für die hochspezialisierten Bienenarten (a) besonders wichtig, die nächsten sechs für die spezialisierten Arten (b) und alle neuen Pflanzenfamilien für die unspezialisierten Bienen (d). Insgesamt gibt es natürlich sehr viel mehr Pflanzenfamilien; 26 von ihnen werden nach Angaben von Dr. Westrich (dem bekanntesten deutschen Bienenspezialisten) von oligolektischen Bienenarten genutzt.
Wer einen Bio-Garten gestaltet, sollte versuchen, möglichst viele der vorstehenden (aber gerne auch weiterer) Pflanzengattungen dort anzusiedeln. Die einschlägige Literatur, das Internet und auch Gärtnereien geben Auskunft darüber, welche Bedürfnisse die verschiedenen Blütenpflanzen haben, in welchen Bereichen sie also eingepflanzt oder ausgesät werden sollten. Anders als ein Garten wird ein "Öko-Park" bzw. Naturschutzgebiet (NSG) wie das am Eskesberg in Wuppertal weitgehend sich selbst überlassen, die Pflege erschöpft sich hauptsächlich in einer zweischürigen Mahd und der Verhinderung unerwünschter Sukzession (Büsche und Bäume); da manche der erwünschten "Bienen-Pflanzen" aber einige Zeit bzw. Jahre brauchen, um den Weg aufs Gelände zu finden, schadet es nicht, im ersten Jahr mit einer Wildblumenmischung heimischer Blütenpflanzen an den Start zu gehen: Es bleiben letztendlich ohnehin nur die an die örtlichen Verhältnisse angepaßten Arten.
Ein Problem sind exotische Pflanzenarten, die in großer Zahl private wie öffentliche Parks bevölkern: Einerseits lassen sich heimische Wildbienen durchaus sammelnd an den Blüten etlicher Neophyten beobachten; andererseits zeigen Studien, daß nur wenige der eingeschleppten Zierpflanzen für Bienen lohnende Pollenquellen darstellen. Der Schlüssel für die Bewertung der Exoten ist ihre Verwandtschaft mit den heimischen Pflanzen: Mediterrane, aber auch asiatische oder amerikanische Zierpflanzen sind vor allem dann geeignete "Bienenpflanzen", wenn sie denselben Taxa angehören wie unsere heimischen.
Die vorstehenden Pflanzenfamilien mit den genannten Gattungen orientieren sich an den Bedürfnissen gefährdeter Wildbienenarten. Gärtnereien klassifizieren Pflanzen natürlich anders: in einjährige und zweijährige Pflanzen, Stauden, Zwiebelpflanzen und Kletterpflanzen und in Sträucher und Bäume. Eine Übersicht gibt die nächste Seite
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