Hummeln lassen sich als "primitiv eusoziale" Wildbienen beschreiben: Sie leben nicht einzeln, sondern in Völkern bzw. Staaten, die immer aus zwei Generationen bestehen: der Königin und ihren Töchtern (den Arbeiterinnen) und Söhnen (Drohnen). Die Insekten haben eine Arbeitsteilung entwickelt: Einige der unfruchtbaren Weibchen sind ausschließlich Sammler, andere als "Stockhummeln" für Bau, Pflege (Waben putzen, Larven füttern etc.), Belüftung und Verteidigung des Nestes und die Larvenfütterung zuständig; eine kleine privilegierte Gruppe der Arbeiterinnen kümmert sich ausschließlich um die Königin, um diese schließlich zu verdrängen und selber unbefruchtete Drohneneier zu legen. Drohnen haben nur eine einzige Aufgabe: die Begattung der jungen Königinnen.
Die Königin eines Staates ist am flexibelsten: Muß sie sich im Frühjahr wie eine Solitärbiene noch als Sammlerin und Stockbiene betätigen, so legt sie bald nur noch Eier und baut die Eierbehälter dazu halbfertig, kann aber, wenn nötig, die Arbeitertätigkeiten jederzeit wieder aufnehmen. Indem sie einen bestimmten Duft verströmt, hindert sie ihre Töchter daran, selber Eier zu legen. Nur die jungen Königinnen überleben teilweise den Winter und gründen im folgenden Frühjahr neue Völker; diese sind in unseren Breiten immer einjährig, sterben also im Herbst ab. Mehr zur Fortpflanzung auf der nächsten Seite
Hummeln sind erstaunlich friedfertig. Vielleicht sind sie es gerade wegen ihrer im Verhältnis zu anderen Fluginsekten größeren Erscheinung und Kraft, die eine aktive Auseinandersetzung vielfach unnötig machen, jedenfalls sind sie nicht stechlustig, und die meisten Arten lassen einen neugierigen Menschen gewähren, der ihr Nest vorsichtig öffnet und betrachtet. Andererseits setzen sie sich durchaus zur Wehr, wenn sie sich ernsthaft bedroht fühlen: Ein lautes Brummen des gesamten Volkes mit vibrierenden Flügeln ist ein deutliches Warnsignal an potentielle Angreifer. Sieht eine einzelne Hummel einen konkreten Angreifer nahen, hebt sie auf der betreffenden Köperseite ein oder zwei ausgestreckte Beine zur Abwehr der Gefahr. Wird sie schließlich körperlich angegriffen, sticht sie: Wer eine Hummel aus Versehen oder absichtlich drückt, muß mit derselben (für gesunde Menschen harmlosen) Konsequenz rechnen wie beim Stich einer Honigbiene; eine Wespe, die in einen Hummelstaat eindringt, nimmt hingegen den Tod in Kauf.
Diese Ackerhummel wurde bei der Nistplatzsuche überrascht. Sie dreht sich zunächst auf die Seite ... | ... und wirft sich dann auf den Rücken, abwehrbereit mit dem Stachel nach oben. |
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Da offenbar keine ernsthafte Gefahr droht, dreht sie sich wieder auf die Seite, hebt aber noch ein Bein. | Schließlich senkt sie das Bein wieder und beruhigt sich, um bald darauf ihre Suche fortzusetzen. |
Seltsam unschlüssig verhalten sich Hummeln gegenüber ihrem ärgsten natürlichen Feind: den Wachsmotten. Zumindest anfänglich wäre es für die kräftigen Insekten ein leichtes, sie totzubeißen oder totzustechen; mit dem Gespinst der Motten läßt sich die Hilflosigkeit ihrer Opfer kaum ausreichend erklären. Offenbar hatten Hummeln in ihrer Evolution bisher zu wenig Zeit oder Überlebensdruck, eine wirksame Abwehrstrategie zu entwickeln.
Eine Hummelkönigin hält sich – ebenso wie ihre Arbeiterinnen – überwiegend im Nest auf. Sie reduziert so ihren Energieverbrauch und vermeidet Gefahren, die das vorzeitige Ende ihres Staates bedeuten können. Messungen einer Hummelforschers mit einer Lichtschranke haben ergeben, daß eine Königin vor dem Schlüpfen ihrer ersten Brut im Durchschnitt 13mal am Tag ausfliegt. Die meisten Sammelflüge finden nachmittags bis in den frühen Abend hinein statt, morgens wurden bei einer Ackerhummelkönigin sogar nur durchschnittlich vier Exkursionen registriert. Ihre Dauer beträgt 5–15 Minuten, längere Abwesenheiten sind sehr selten und wohl witterungsbedingt. Temperaturmessungen im Nest haben ergeben, daß die Königin auch nachts fast ununterbrochen in Bewegung ist eine wichtige Wärmequelle darstellt: Am Meßfühler in unmittelbarer Nähe der Brutwabe betrug die Differenz zwischen An- und Abwesenheit bis zu 15 Kelvin bzw. Grad!
Die direkt neben der Wabe gemessenen Temperaturschwankungen zeigen, daß die Königin auch nachts ununterbrochen aktiv. Die Kurve fällt nach dem Ausfliegen der Königin mit kurzer Verzögerung bis fast zur Außentemperatur ab und steigt kurz nach ihrer Rückkehr wieder extrem steil an. Die kurzen senkrechten Striche auf der X-Achse markieren das Passieren der Lichtschranke. |
Auf Futtersuche fliegen Hummeln nicht mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von ca. 20 km/h: Um die Blüten erkennen zu können, drosseln sie ihre Geschwindigkeit auf bis zu 90 Metern pro Stunde. In diesem Zeitlupentempo leisten Hummelaugen und Hummelhirn Erstaunliches:
Zwei "neuronalen Kanäle" erkennen getrennt die Blütengröße und -farbe: Der erste meldet dem Gehirn bereits nach fünf Tausendstel Sekunden die Entdeckung einer Blüte, aber nicht deren Farbe; er ist somit relativ ungenau. Der zweite Kanal ermöglicht Hummeln das Farbensehen, er arbeitet langsamer, dafür aber genauer.
Beide Kanäle sind deutlich schneller als die Bildverarbeitung des Menschen: Diese müßten im Vergleich viermal langsamer über eine Wiese fliegen, um deren Blüten erkennen zu können.
(Quelle: Spaethe, J., J. Tautz & L. Chittka (2001) in: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Vol. 98, No. 7, pp. 38983903)
Hummeln sammeln wie Honigbienen Pollen und Nektar. Gegenüber der domestizierten Konkurrenz haben sie aber drei Vorteile:
Bombus argillaceus W an Lamium album · Salzburg, Muhr (1200 m NN) (ne) | Bombus lucorum an Salix nigricans · Salzburg, Zell/Wallersee (ne) |
Hummeln, die zum ersten Mal ausfliegen, wissen, wo sie fündig werden, sie brauchen dies nicht zu lernen. Lernen müssen sie aber, wie sie sich aus der jeweiligen Blüte bedienen können, da Blüten recht unterschiedlich gebaut sind.
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Fortpflanzungsbiologie |